Mit einem letztlich gerechten 4:4 trennte sich unser Bundesliga-Team nach einem spannenden Kampf von Reisepartner Wattenscheid. Daniel Stellwagen erzielte in der letzten Partie des Tages den wertvollen Ausgleich, nachdem die Mannschaft durch Niederlagen seiner Landsleute Sipke Ernst und Jan Werle zwischenzeitlich in Rückstand geraten war, während Predrag Nikolic mit einem Schwarz-Erfolg die Führung erzielt hatte. Damit verpasste die Mannschaft zwar den von Teamchef Herbert Scheidt erhofften Sprung zu einem positiven Punktekonto, hat aber weiterhin die Chance, das Wochenend-Ziel »vier Punkte« zu erfüllen.
In den beiden Vorjahren hatte das lange Wochenende mit der Einzelrunde am Freitag jeweils im Dezember die weitere Richtung der Solinger Mannschaft bestimmt. 2004 überwinterte man nach drei Niederlagen gegen die Ruhrgebietsvereine auf einem Abstiegsplatz, während nach 5:1 Zählern im Vorjahr die ersten Europapokal-Träume reiften. In dieser Saison kommt der Tripelrunde wegen der großen Ausgeglichenheit der Liga im Abstiegskampf mit den Duellen gegen die direkten Konkurrenten Wattenscheid und Eppingen mindestens genauso große Bedeutung zu. Die Gastgeber hatten folglich nach nur einem Punkt zum Auftakt eine starke Mannschaft mit drei ihrer polnischen Legionäre aufgeboten, während wir auf Sandipan Chanda und Jan Smeets verzichten mussten. Somit war ein ausgeglichenes Duell zu erwarten, in dem wir vor allem auf unsere Elo-Vorteile an den hinteren Brettern setzten.
Der Auftakt verlief auch exzellent: Predrag Nikolic schien sich an sein 3/3-Traumwochenende vom Vorjahr zu erinnern und bot mit den schwarzen Steinen gegen GM Alexander Rustemov (2552) eine exzellente Vorstellung. In einem Stonewall-Holländer glich unser bosnischer Routinier leicht aus und entfachte langsam aber sicher einen Königsangriff am Damenflügel, der schließlich zu einem vollen Zähler führte. Es folgten zwei Punkteteilungen an den Brettern 6 und 7. Während die Begegnung von Christian Gabriel mit GM Florian Handke (2459) in einem a6-Slaven keine größeren Wellen schlug, fochten die sich bereits in den 80er Jahren auf Jugendturnieren duellierenden IM Dr. Frank Holzke (2461) und Michael Hoffmann ein spannendes Match in der vergifteten Bauer-Variante des Najdorf-Sizilianers aus, in dem die Materialverteilung regelmäßig wechselte, bevor der Düsseldorfer Verwaltungsrichter mit den weißen Steinen ins Dauerschach abwickelte.
Ein weiteres Remis erkämpfte Alexander Naumann mit Schwarz gegen Bundesliga-Neuling GM Pavel Czarnota (2554). Aus einer ruhigen Nebenvariante des geschlossenen Spaniers ergab sich plötzlich ein scharfer taktischer Schlagabtausch, in dem Alexander zwar eine Qualität für einen Bauern verlor, aber taktische Chancen gegen den weißen König erhielt, so dass der Pole gegen Ende das letzte Risiko scheute und mit Zugwiederholung das Remis anstrebte. Das gleiche Ergebnis gab es am Spitzenbrett, wo Artur Jussupow gegen GM Bartek Macieja (2622) in einer bekannten Variante eines Dameninders mit 4.e3 stets einen mikroskopischen Vorteil besaß, der sich jedoch nicht zu einem vollen Zähler realisieren ließ.
Beim Stande von 3:2 hätte es am achten Brett schon fast eine Vorentscheidung geben können, wenn Sipke Ernst seinen Mehrbauern aus der Eröffnung gegen FM Timo Sträter (2345) in Europacup-Form realisiert hätte. Stattdessen stellte er bereits im frühen Mittelspiel mit einem schrecklichen Zug eine Qualität ein und das Wattenscheider Urgestein konnte wieder einmal gegen unsere Mannschaft einen wertvollen Zähler zum 3:3-Ausgleich einfahren.
Damit gerieten wir sogar in die Gefahr einer Niederlage, denn Jan Werle agierte mit Weiß in einem orthodoxen Damengambit gegen IM Ralf Appel (2507) sehr ideenlos und landete in einer wegen seiner geschwächten Bauernstruktur am Damenflügel leicht schlechteren Position. In dieser spielte der Wattenscheider Blitz-Spezialist sehr überzeugend, bildete am Damenflügel einen Freibauern und brachte die Gastgeber in Führung. Diese währte jedoch nicht zu lange, denn Daniel Stellwagen konnte die holländische Ehre im Duell mit GM Mateusz Bartel (2569) retten. In einem komplexen Winawer-Franzosen mit 5… La5 konnte Daniel die schwarze Initiative neutralisieren und landete damit in einem vorteilhaften Endspiel, das er auch unter dem Druck des Gewinnenmüssens souverän zum Sieg führte, womit das spannende Derby leistungsgerecht 4:4 endete.