Spätestens mit dem vierten Kampf hat für unsere Bundesligamannschaft der Abstiegskampf begonnen. Gegen den SC Eppingen gab es eine verdiente 3½:4½-Niederlage, in der lediglich Jan Werle einen Sieg erzielen, damit aber die glatten Niederlagen von Artur Jussupow und Christian Gabriel nicht ausgleichen konnte. So steht die Mannschaft von Teamchef Herbert Scheidt mit 3:5 Zählern im unteren Mittelfeld und angesichts der vielen überraschenden Erfolge direkter Mitkonkurrenten auch morgen gegen den TV Tegernsee unter Zugzwang.
Dabei waren die Vorzeichen vor dem Kampf gegen die Eppinger bereits nicht besonders günstig gewesen. Daniel Stellwagen stand am Samstag wegen persönlicher Verpflichtungen in den Niederlanden nicht zur Verfügung, was den dritten Ausfall eines unserer Stammbretter bedeutete, während Eppingen die Optimalbesetzung mit nach Wattenscheid gebracht hatte, so dass der Kampf nominell völlig offen war. Gerade bei einer solchen knappen Ausgangssituation ist es besonders bitter, wenn ein völlig außergewönlicher Partieverlauf im negativen Sinn zu beklagen ist. Doch dies passierte heute am Spitzenbrett, als Artur Jussupow im 10. Zug eine Figur einstellte. Natürlich reichten die zwei dafür erhaltenen Bauern nicht aus, um gegen einen Klassemann wie GM Zoltan Gyimesi (2616) die Partie zu halten, so dass unsere Mannschaft frühzeitig in Rückstand geriet. Eine solide Vorstellung lieferte dagegen Joker Jörg Wegerle, der am sich am achten Brett vom routinierten GM Lothar Vogt (2479) in einem Scheveninger Sizilianer nach Zugwiederholung Remis trennte.
Auch die anderen allesamt langwierigen Partien verliefen sehr ausgeglichen: Predrag Nikolic mühte sich lange in einer verschachtelten Damenindisch-Position, etwas Substantielles gegen GM Csaba Balogh (2616) zu erreichen, musste aber letztlich mit Remis zufrieden sein. Eine weitere Punkteteilung gab es bei Alexander Naumann, der gegen den israelischen GM Evgeny Postny (2609) in einer slawischen Partie mit den schwarzen Steinen sehr umsichtig agierte. Michael Hoffmann hatte es ebenfalls mit den schwarzen Steinen mit dem frischgebackenen U18-Weltmeister Arik Braun (2525) zu tun, der gewohnt optimistisch Michaels Halbslawen mit langer Rochade attackierte. Die Partie befand sich jedoch immer im dynamischen Gleichgewicht und endete schließlich leistungsgerecht im Damen+Läuferendspiel mit Dauerschach.
Die Entscheidung gegen unsere Mannschaft fiel dann am Brett von Christian Gabriel, der gegen das andere große Eppinger Talent, IM Georg Meier (2484), nicht seinen besten Tag erwischt hatte. In einem Bogo-Inder erzielte Gabriel nach zahmer Eröffnungsbehandlung mit den weißen Steinen keinen Eröffnungsvorteil, fand danach keinen vernünftigen Plan, verlor einen Bauern und schließlich auch die Partie. Die Hoffnungen auf ein Unentschieden wahrte zumindest Jan Werle, der in einem scharfen Bajonett-Angriff gegen die königsindische Verteidigung des ehemaligen Junioren-Weltmeisters GM Peter Acs (2522) nach einem taktischen Schlagabtausch schließlich einen Bauern gewann und diesen im Damen-Endspiel mit dem besseren Läufer gegen den schwarzen Springer zum vollen Zähler realisieren konnte.
Nun war beim Stande von 3:4 noch ein Sieg von Sipke Ernst nötig, um zumindest einen Teilerfolg aus diesem Vierpunktespiel mitzunehmen. Sipke hatte mit den schwarzen Steinen gegen die ruhige Italienisch-Behandlung von GM Zoltan Medvegy (2518) gewohnt unternehmungslustig den eigenen Königsflügel entblößt, um Druckspiel gegen den weißen Monarchen zu entfachen. Dennoch wurde das Gleichgewicht der Stellung nicht ernsthaft gestört. Sipke kämpfte mit gewohntem Einsatz weiter und erreichte am Ende sogar ein Turmendspiel mit Mehrbauern, das jedoch nicht zu gewinnen war, so dass er in der Finishphase nach etwa 100 Zügen in die Punkteteilung einwilligen musste, wonach die bittere 3½:4½-Niederlage gegen einen Mitkonkurrenten im Abstiegskampf perfekt war.