Falls es noch eines Beweises bedurft hatte, dass die diesjährige NRW-Liga zu den ausgeglichensten Spielklassen überhaupt zählt, so wurde dieser am dritten Spieltag im Duell der beiden Bundesliga-Reserveteams aus Godesberg und Solingen eindrucksvoll erbracht. Nach über fünf Stunden Spielzeit, als die anderen vier parallel laufenden Mannschaftskämpfe im Haus Turnerbund (mit Ausnahme der Partie von Massimo Füllbeck) längst beendet waren, stand es gerade einmal 1½:1½ und der weitere Verlauf des Kampfes schien höchst unklar.
Insofern täuscht das klare Ergebnis von 5½:2½ für die Mannschaft von Markus Balduan über die langwierige Auseinandersetzung hinweg, die sich erst in der finalen halben Stunde klar zu unseren Gunsten neigte.
Bis zur ersten Zeitkontrolle gab es dagegen wenig Spektakuläres zu berichten: Teamchef Markus Balduan trennte sich von seinem Kontrahenten nach korrektem Partieverlauf Remis. Dann erzielte Milon Gupta in einer Neuauflage seines Duells mit dem früheren Lohmarer Stefan Bröhl, gegen den er in der vergangenen Zweitliga-Saison remisiert hatte, die etwas glückliche Führung. In der Zeitnotphase verlor der Ersatzmann der Gäste völlig den Faden, was Milon bei seinem Saisondebüt zum ersten vollen Zähler nutzte. »Ausgleichende Gerechtigkeit« gab es dafür am zweiten Brett: hier hatte Lorenz Drabke aus der Eröffnung Vorteil erlangt, unterschätzte dann aber die von seinem Kontrahenten initiierten Gegenchancen und musste schließlich den Ausgleich für Godesberg hinnehmen.
Danach entwickelten sich die eingangs beschriebenen zahlreichen verwickelten Partien: Dabei lagen Solinger Vorteile an den Brettern von Markus Schäfer, der gegen Routinier IM Gerusel ein Leichtfigurenendspiel mit dem vorteilhaften Läuferpaar knetete, Martin Becker, der im Springerendspiel einen (allerdings verdoppelten) Mehrbauern besaß, und Michael Berg, der über einen gefährlichen Freibauern auf der c-Linie verfügte. Dafür hatte Jörg Wegerle am Spitzenbrett in schlechter Stellung die Dame opfern müssen und kämpfte mit Turm und Leichtfigur um ein Remis. Die komplexe Position von Martin Auer war schwer einzuschätzen, so dass alle Ergebnisse möglich schienen.
Die Entscheidung fiel dann innerhalb von zehn Minuten: Michael Berg konnte das Gegenspiel seines Kontrahenten neutralisieren, so dass sein Freibauer zwingenden Materialverlust verursachte und den Gewinn sicherte. Wenig später erhöhte Martin Auer auf 3½:1½, da er durch pointiertes Manövrieren die Stärken seines eigenen Freibauern so zur Geltung gebracht hatte, dass die gegnerischen Freibauern am Königsflügel zu spät kamen. Den Siegtreffer erzielte dann Markus Schäfer, nachdem er mit seinem Läuferpaar den gegnerischen König in ein Mattnetz am Brettrand getrieben hatte.
So war es zu verkraften, dass Martin Becker seinen Materialvorteil nicht zu realisieren vermochte und sich nach der exakten Verteidigung seines Opponenten ins Remis fügte. Dieses Ergebnis erreichte nach sechs Stunden auch Spitzenbrett Wegerle, dem es nach dem Opfer seines Läufers gegen den letzten gegnerischen Bauern gelungen war, mit Turm und Bauer eine erfolgreiche Festung gegen die weiße Dame zu errichten.
Dank des im Ergebnis klaren Sieges hat sich die Zweite nun nach dem Fehlstart mit 4:2 Zählern auf den zweiten Platz in der NRW-Liga vorgearbeitet. Im nächsten Kampf wartet das gefährliche Team aus Werther, das nach einem Fehlstart mit 0:6-Zählern bereits mit dem Rücken zur Wand steht und vermutlich mit einer starken Aufstellung versuchen dürfte, die Trendwende im Abstiegskampf einzuleiten.