Andrei Volokitin dominiert Bundesliga-Blitz

Die Schachfans zu Gast bei der Deutschen Spitzenliga
Exzellentes Bundesliga-Blitzturnier in Katernberg

In diesen Zeiten, in denen sich die Schachbundesliga um mehr Eigenständigkeit und bessere Vermarktungsmöglichkeiten intensiv bemüht, dürften Veranstaltungen wie das im Vorfeld der vergangenen Bundesliga-Runde in Essen durchgeführte Bundesliga-Blitzturnier einen optimalen Werbeeffekt erzielen.

Bereits frühzeitig hatten sich die Sportfreunde Katernberg und die SG 1868 Aljechin Solingen darauf geeinigt, in dieser Saison ein gemeinsames Bundesliga-Blitzturnier in größerem Rahmen durchzuführen. Beide Vereine richten derartige Turniere bereits seit Jahren in kleinerem Rahmen ihrer Blitz-Grand-Prix-Serien vor den Heimwochenenden in der Bundesliga aus, so dass durch die Bündelung der Kräfte ein idealer Synergie-Effekt entstehen sollte. Die Organisation des Spielortes oblag dem rührigen Katernberger Team um Werner Nautsch, Bernd Rosen, Axel Cremerius sowie zahlreichen weiteren Helfern, während die Turnierleitung von den Solingern Dr. Marius Fränzel, Andreas Peschel und Oliver Kniest übernommen wurde.

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Blick in den Spielsaal

Das Ambiente des Turniers darf – insbesondere am klassischen Schachturnierstandard gemessen – als sensationell bezeichnet werden. Der Essener Ruhrverband hatte den Veranstaltungsraum seiner Vorstandsetage zur Verfügung gestellt, in dem mit genügend Platz ausgestattet an jedem Brett mit edlen Holzfiguren um Punkte gekämpft wurde. Dabei bot sich den Teilnehmern nicht nur für ein kleines Startgeld von 5 € die Chance, im Turnier gegen einen Bundesliga-Crack antreten zu können, sondern sie hatten ferner die Gelegenheit, sich den ganzen Abend über kostenlos am üppigen Buffet oder bei den Getränken zu bedienen.

Dementsprechend war das Turnier auch schnell »ausverkauft« und alle Spieler, die letztlich am Freitag wegen des gleichzeitigen in NRW wütenden Unwetters und diverser Verkehrsprobleme nicht den Weg nach Essen fanden und so ihre Plätze für die Spieler auf der Warteliste räumten, dürften sich angesichts der exzellenten Rahmenbedingungen besonders geärgert haben. Bei einigen Teilnehmern gewann man den Eindruck, dass sie am Ambiente noch viel mehr Spaß als am Turnier selbst besaßen, da verdächtig häufig Kurzremisen eingeschoben wurden, wonach man die Spieler schnellen Schrittes Richtung Buffet eilen sah …

Insbesondere wegen dieser fantastischen, von Katernberger Seite bereitgestellten Spielbedingungen war es ärgerlich, dass der ursprüngliche Plan, erstmals ein Bundesliga-Blitzturnier unter Beteiligung aller vier Vereine einer Runde auf die Beine zu stellen, klar scheiterte. Grundsätzlich schienen die Voraussetzungen bei der Teilnahme von vier NRW-Vereinen mit jeweils großem Fan-Anhang ideal, doch leider sagten die Wattenscheider frühzeitig ab und auch das Team von Mülheim Nord verzichtete mit der lobenswerten Ausnahme ihres Mannschaftsführers Daniel Hausrath auf die Teilnahme.

Sehr schade waren dann die freitäglichen Ereignisse aus Solinger Sicht, bei denen Alexander Naumann seinen bereits genommenen Urlaub kurzfristig gestrichen bekam (und fast auch noch die Bundesliga-Runde versäumt hätte) und vor allem wegen einer Organisationspanne das »Taxi Nikolic« mit vier ambitionierten jungen holländischen Blitz-Spielern erst die Reise antreten konnte, als in Essen bereits die erste Runde angepfiffen worden war. Somit wurden die Farben der Klingenstädter nur durch die Lokalmatadore Michael Hoffmann, Markus Schäfer und Bernd Schneider vertreten.

Auch in dieser Hinsicht war auf die Essener Gastgeber absoluter Verlass, die alleine mit ihrem Spieleranteil für ein qualitativ exzellentes Feld sorgten. Letztlich kämpften 4 GM und 10 IM in dem insgesamt 86 Spieler umfassenden Teilnehmerfeld in 15 Runden Schweizer System um einen stattlichen Preisfonds, der nachträglich wegen der exzellenten Beteiligung nochmals von 1.000 € auf 1.300 € erhöht wurde, was ebenfalls eine Seltenheit in der deutschen Turnierlandschaft darstellen dürfte.

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Turniersieger Andrei Volokitin

Den Löwenanteil dieses Preisgeldes sicherte sich der »Dominator« des Turniers, das Katernberger Spitzenbrett, Andrei Volokitin. Mit einem herausragenden Start von 9/9 setzte er sich bereits frühzeitig vom ausgeglichenen Feld ab, das sich gegenseitig die Punkte abnahm. Die ersten bangen Momente hatte er dann in der 10. Runde zu überstehen, als ihn gegen Bernd Schneider mit nur noch einem verbliebenen blanken König dessen Zeitüberschreitung ins Remis rettete. Dies blieb jedoch (fast) seine einzige Blöße: Nach 12 Runden besaß er mit 11½ Zählern bereits drei Punkte Vorsprung, sicherte mit einem Kurzremis professionell den Turniersieg ab, um dann in der vorletzten Runde gegen den für Gerresheim spielenden Blitz-Spezialisten Andrei Orlov doch noch eine Niederlage zu kassieren. So siegte er am Ende mit glänzenden 13 Zählern und »nur« zwei Punkten Vorsprung hoch überlegen und stellte seine exzellente Verfassung am danach folgenden Wochenende mit zwei Siegen am Spitzenbrett erneut unter Beweis.

Für Andrei Orlov stellte der wichtige Vorschlussrundensieg gegen Volokitin bereits die Weichen in Richtung Silbermedaille, da er im letzten Durchgang gegen seinen häufigen Turnierreisepartner Mikhail Zaitsev einen weiteren Sieg einfahren konnte und damit als einziger Spieler auf 11 Punkte kam. Den größten Applaus bei der Siegerehrung heimste jedoch keiner der Bundesliga-Stars, sondern der drittplazierte Karl-Heinz Podzielny ein. Vor heimischem Publikum demonstrierte »Podz-Blitz« noch einmal seine Klasse und erreichte mit lediglich einer Niederlage und 10½ Zählern hoch verdient die Bronzemedaille. Damit blieb er dank der besseren Buchholzwertung vor Markus Schäfer, der damit nicht nur die Solinger Ehre rettete, sondern als Mitglied des Bundesliga-Ausschusses auch maßgeblich im Vorfeld die Kooperation der beiden Vereine unterstützte, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

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»Podz-Blitz« und Alexander Motylev

Bereits an dieser Stelle fällt auf, dass sich nur ein Bundesliga-Stammspieler auf den ersten Plätzen platzieren konnte. In der Tat hatten die Favoriten kein leichtes Leben: So musste der an Nummer 1 gesetzte Alexander Motylev gleich fünf Niederlagen hinnehmen und erklärte nach seinem 13. Platz mit 9½ Punkten etwas zerknirscht, das er sich in Russland künftig erst einmal wieder bei den Kinder-Schachturnieren anmelden werde. Doch auch andere hoch gewettete Spieler wie Igor Glek, Erwin L´Ami oder Michael Hoffmann verpassten knapp die Preisränge.

Stattdessen spielten viele Lokalmatadoren zur Freude der Schlachtenbummler permanent an den Spitzenbrettern. Während Daniel Hausrath und Bernd Schneider nach sehr unglücklichem Finish letztlich mit den Plätzen zehn und elf zufrieden sein mussten, durften sich Rafael Fridman (Bochum 31) und Ralf Kotter (Buer-Hassel) dank ihrer guten Wertung als beste Spieler des Pulks mit 10 Punkten über die letzten Hauptpreise freuen.

Sehr zufrieden waren sicherlich auch die Schachfreunde Martin Spitzer (Duisburg), Frank Noetzel (Elberfeld), Becir Berdaini (Altenessen), Matthias Limberg (Osterfeld), Inna Orlova (Gerresheim), Theodor Hart (Bochum 02), Michael Schäfer (Listiger Bauer) und Georg Pins (Kempen), die alle noch Ratingpreise erkämpfen konnten.

Insgesamt dürfte das erste »Kooperations-Bundesliga-Blitz« eine Veranstaltung gewesen sein, welche die vom Deep Chess-Redakteur Bernard Verfürden jüngst geforderte Annäherung der Bundesliga an ihre Fans mit Sicherheit vorangebracht haben wird und die auch dem sehr engagierten Bundesliga-Sprecher Christian Zickelbein als Möglichkeit zur besseren Vermarktung »seiner Liga« gefallen haben dürfte.

In diesem Sinne sagen die Solinger auf diesem Wege noch einmal herzlichen Dank an das Katernberger Organisations-Team um Werner Nautsch für die exzellente Organisation und Zusammenarbeit und würden uns über eine baldige Neuauflage freuen.

Endstand und Fortschriftstabelle