Unsere Erste ist mit einer 3½:4½-Niederlage gegen Reisepartner Wattenscheid in die neue Bundesliga-Saison gestartet. Nach Niederlagen von Daniel Stellwagen und Michael Hoffmann, die durch Siege von Chanda Sandipan und Sipke Ernst jeweils wieder ausgeglichen werden konnten, unterlag Artur Jussupov in der letzten Partie des Kampfes in vermutlich verlorener Stellung gegen Alexander Rustemov durch Zeitüberschreitung. Somit konnte das Team um Herbert Scheidt leider die einmalige Chance nicht nutzen, zumindest für einen Tag die Bundesliga-Tabellenführung zu übernehmen.
Diese Aussicht hatte vermutlich auch die Gastgeber dazu angespornt, für ihr einziges Heimspiel-Wochenende in dieser Spielzeit eine absolute Top-Besetzung an die Bretter zu bringen, in der nur noch Macieja und Johannessen fehlten. Doch auch ohne sie waren die Wattenscheider nominell favorisiert. Wie in Lokalderbys häufig der Fall, gab es zunächst einmal ein wenig Abtasten mit einigen schnellen Punkteteilungen zu bewundern. Alexander Naumann misslang die Eröffnung im sizilianischen Sozin-System gegen GM Pavel Czarnota (2554), so dass er schnell eine Remisofferte einstreute, bevor der Pole mit Schwarz die Initiative übernahm. Dieses Weiß-Remis wurde durch das Schwarz-Unentschieden von Jörg Wegerle kompensiert, dessen Partie gegen GM Florian Handke (2497) schnell in eine Punkteteilung mündete.
So waren die Solinger Verantwortlichen nach ca. 3 Stunden durchaus optimistisch, denn GM Mateusz Bartel (2608) war gegen Sandipan Chanda ein folgenschwerer Fingerfehler unterlaufen, der ihn kompensationslos einen Bauern kostete, während unsere restlichen Stellungen alle in Ordnung schienen. Doch kurz vor der Zeitkontrolle wendete sich das Blatt: Daniel Stellwagen musste am Spitzenbrett gegen die Berliner Verteidigung von GM Pavel Eljanov (2691) ankämpfen und hatte ein typisches Endspiel mit blockierten Bauernstrukturen auf beiden Flügeln erreicht, als ihm ein gravierender Rechenfehler unterlief und er die Position in ein verlorenes Bauernendspiel abwickelte, was den 1:2–Rückstand bedeutete. Zwar konnte Sandipan Chanda wenig später ausgleichen, nachdem er die Position zuvor noch etwas unnötig verkompliziert hatte, doch die Mannschaft von Uli Wolf erzielte postwendend die erneute Führung. Im Duell zweier langjähriger Teamkollegen und GM-Anwärter hatten IM Ralf Appel (2529) und Michael Hoffmann bereits frühzeitig eröffnungstheoretisches Neuland betreten, das insbesondere bei Michael zu einem exorbitanten Bedenkzeitverbrauch führte, zumal er mit Schwarz niemals völlig ausgleichen konnte. Schließlich blieben ihm für die letzten 11 Züge nur noch 18 Sekunden übrig, so dass ihm im Duell mit dem früheren Deutschen Blitzmeister gerade noch 4 Sekunden übrig blieben, um die hoffnungslose Position aufzugeben. Parallel war die Partie von Predrag Nikolic gegen GM Evgenij Najer (2635) Remis geendet, nachdem Predrag in einem typisch spanischen Positionsduell letztlich Ausgleich erlangt hatte und ein völlig ausgeglichenes Endspiel entstanden war.
Beim Stande von 2½:3½ besaßen wir noch vage Hoffnungen, auf ein 4:4, da Sipke Ernst nach einer aus einem Trompowski-Angriff hervorgegangenen überraschend technischen Stellung einen Bauern gegen IM Dr. Frank Holzke (2485) erobert hatte, während Artur Jussupow im Endspiel mit einem Minusbauern um das Remis gegen GM Alexander Rustemov (2552) kämpfte. In der Tat gelang Sipke zu Beginn der letzten Spielstunde der Ausgleich, doch Arturs Körpersprache ließ bereits nichts Gutes erahnen. In einem Turmendspiel mit Springer und drei Bauern gegen Läufer und vier Bauern, die sich alle an einem Flügel befanden, suchte er verzweifelt nach dem Remisplan und verbrauchte dafür so viel Bedenkzeit, dass Rustemov nicht einmal seine beste Technik bemühen musste, sondern schließlich den Sieg durch Zeitüberschreitung für sich beanspruchen konnte, womit die Solinger Auftaktniederlage perfekt war.