Mit einem hohen 6:2-Erfolg über die Sportfreunde Katernberg hat unser Bundesliga-Team am regulären ersten Spieltag den ersten Sieg eingefahren und damit die gestrige Schlappe gegen Wattenscheid vergessen lassen. Der klare Erfolg, zu dem mit Daniel Stellwagen, Michael Hoffmann und Artur Jussupow alle Unterlegenen des Vortages einen vollen Zähler beisteuern konnten, wurde allerdings dadurch begünstigt, dass die Essener gleich vier ihrer Stammkräfte an den vorderen Brettern ersetzen mussten und mit lediglich zwei Großmeistern antraten.
Zudem erwischte der designierte, nur noch auf die Titelverleihung wartende Großmeister, IM Sebastian Siebrecht (2481), einen denkbar schlechten Tag. In einem Halbslawen wurde er offenbar von der Eröffnungs-Wahl von Michael Hoffmann, der scharfen Anti-Moskauer-Variante, überrascht. Sebastian erlaubte sich einige zeitraubende Manöver, welche die schwarze Stellung nicht aushalten konnte und musste sich nach nur 28 Zügen geschlagen geben. Einen Glanztag hatte Artur Jussupow erwischt, der mit Schwarz gegen IM Nazar Firman (2526) die seltene Smyslov-Variante mit 3…g6 im Spanier gewählt hatte. Ausgangs der Eröffnung opferte Artur die Qualität für zwei Bauern und nutzte in der wohl besten Partie des Tages mustergültig die schlecht postierten weißen Figuren aus, so dass Firman in einem hoffnungslosen Endspiel mit Turm gegen Läufer und zwei verbundene Freibauern aufgeben musste.
Überhaupt standen in diesem Kampf, ähnlich wie zuletzt beim WM-Turnier in Mexiko die offenen Spiele als Eröffnung hoch im Kurs. So gab es neben besagtem Spanier an den Brettern 4, 5 und 7 ein Italienisch-Thematurnier zu bewundern, dass sowohl aus Sicht der Eröffnung als auch der Vereine ausgeglichen endete. Für ein korrektes Remis sorgte Sandipan Chanda, gegen den IM Christian Seel (2495) diesmal auf seinen geliebten Philidor verzichtet hatte. Doch auch mit 2…Sc6 gelang es dem früheren Godesberger nach der Eröffnung Ausgleich zu erreichen, wonach das Gleichgewicht nicht mehr ernsthaft gestört wurde. Für den Weiß-Sieg sorgte IM Martin Senff (2474) , der damit auch den einzigen Essener Tagessieg erzielte. Alexander Naumann hatte es in der Eröffnung etwas mit der Originalität übertrieben, geriet dann schnell in eine passive Position, die schließlich in einer irreparablen Schwächung seiner Königsstellung resultierte, so dass die Partie nicht mehr zu halten war. Dafür konnte unser Neuzugang Markus Ragger, der für Jörg Wegerle ins Team gerutscht war, einen Einstand nach Maß in seiner ersten Bundesliga-Saison feiern. Gegen IM Georgios Souleidis (2421) riss er mit einem dem spanischen Marschall-Angriff ähnelnden Bauernopfer die Initiative an sich und entwickelte mit Läuferpaar und Entwicklungsvorsprung einen solchen Druck, dass selbst ein Qualitätsopfer von Souleidis für einen zweiten Bauern die weiße Stellung nicht mehr zu halten vermochte.
Völlig chaotisch verlief die Partie am Spitzenbrett, wo GM Igor Glek (2543) gegen Daniel Stellwagen aus einem Grand-Prix-Angriff im Sizilianer frühzeitig völlig ungewöhnliche Stellungsbilder kreierte, die in einem wilden Zeitnotduell mündeten, in dem Daniel die Nerven behielt und in bereits besserer Stellung durch Zeit gewann. Damit war der Kampf mit dem Zwischenstand von 4½:1½ frühzeitig entschieden. Nach der Zeitkontrolle konnte Sipke Ernst gegen IM Dr. Christian Scholz (2371) bereits seinen zweiten Trompowski-Angriff an diesem Wochenende zum Sieg führen, während die sich stets in ruhigen positionellen Fahrwassern befindende Partie zwischen Predrag Nikolic und GM Vladimir Chuchelov (2544) korrekt Remis endete, was uns den bisher höchsten Sieg über die sympathischen Katernberger bescherte.