Mit einem sensationellen 4½:3½-Auswärtssieg in Hofheim hat sich unsere Zweite mit nunmehr 5:3-Zählern zunächst einmal im Mittelfeld der 2.Bundesliga West etabliert und eine exzellente Ausgangsposition im Kampf um den Klassenerhalt erarbeitet. Beim Überraschungscoup gegen den letztjährigen Tabellenzweiten sorgten ausgerechnet die beiden »Joker« aus der 3.Mannschaft, Oliver Kniest und Milon Gupta, für die vollen Zähler und waren bei nur einer Niederlage von Martin Becker die Matchwinner.
Die erstligaerfahrenen Gastgeber hatten mit zwei überraschenden Niederlagen gegen Münster und Koblenz einen kapitalen Fehlstart in die Saison hingelegt, dann jedoch mit dem 7:1 gegen Godesberg gezeigt, dass sie wieder zur alten Form gefunden hatten, so dass sie auch wegen ihrer nominellen Überlegenheit als klarer Favorit in das Duell gingen. Wir wollten uns hingegen nicht nur für die äußerst unglückliche 3½:4½-Niederlage des Vorjahres revanchieren, sondern auch den verschenkten Punkt gegen Gerresheim möglichst schnell zurückholen.
Der Auftakt verlief optimal: Oliver Kniest opferte gegen die holländische Leningrader Variante von IM Dieter Pirrot (2446) frühzeitig einen Bauern für positionelle Kompensation. Sein routinierter Kontrahent griff im frühen Mittelspiel fehl, so dass Olli nicht nur den Bauern zurück, sondern auch noch eine Qualität gewinnen konnte, was zu einer schnellen Aufgabe führte.
In Anbetracht dieses guten Auftaktes konnte Markus Schäfer, der die ganze Woche krank gewesen war, seine minimal bessere Position, die er dank einer Eröffnungsfinesse in seiner Schottisch-Variante erlangt hatte, gegen IM Arno Zude (2451) beruhigt Remis geben.
An allen Brettern ging es mit durchaus guten Aussichten für uns in die Zeitnotphase. Leider mussten wir zunächst den Ausgleich hinnehmen, da Martin Becker, der nach mißlungener Eröffnung gegen IM Dr. Erik Zude (2397) endlich fast völligen Ausgleich erlangt hatte, genau dann eine Qualität einstellte und sich geschlagen geben musste.
Dies wurde aber von den Ereignissen am achten Brett kompensiert, wo Milon Gupta eine skandinavische Musterpartie zelebrierte, die es durchaus verdient hätte, Aufnahme in eine Neuauflage des Standardwerks von Matthias Wahls zu finden. Schrittweise wurde Dennis Drollinger (2299) mit Weiß in die Defensive gedrängt und musste schließlich gegen die ins weiße Lager eingedrungenen schwarzen Schwerfiguren entscheidenden Materialverlust hinnehmen.
Etwa eine halbe Stunde später stellte GM Gennadij Ginsburg (2520) seine Bemühungen ein, gegen die Lasker-Verteidigung im Damengambit von Jörg Wegerle etwas zu erreichen. Wie immer verteidigte Jörg seine minimal schlechtere Stellung extrem genau und sehr zäh, so dass die Partie im Damenendspiel durch Dauerschach endete.
Eine Schlüsselpartie des Kampfes war sicherlich das Duell am Spitzenbrett, wo GM Jörg Hickl (2560) gegen Lorenz Drabke zwischenzeitlich drei Bauern für sehr gefährlichen Königsangriff geopfert hatte. Besonders besorgniserrregend war aber die Tatsache, dass Lorenz für 15 Züge nur noch eine Minute Restbedenkzeit aufwies. Doch es gelang ihm, gegen die vielleicht nicht optimale Angriffsführung von Hickl die Zeitkontrolle zu schaffen, sondern auch so geschickt das Material zurückzugeben, dass nur er dank seines weit vorgerückten Freibauern auf der a-Linie auf Gewinn spielen konnte. Lorenz lehnte zunächst noch ein Remisangebot ab, offerierte jedoch später selbst die Punkteteilung, um den Mannschaftssieg abzusichern.
Inzwischen war es nämlich Markus Balduan gelungen, seine nach etwas oberflächlicher Eröffnungsbehandlung etwas schlechtere Stellung so zu optimieren, dass FM Patrick Burkart (2322) schon selbst einige größere Risiken hätte in Kauf nehmen müssen, um die Partie noch weiterzuführen. Statt dessen akzeptierte er den korrekten Remisschluss durch Stellungswiederholung.
Auch die letzte Partie des Tages von Thomas Michalczak sicherte uns einen halben Zähler aus der Position der Stärke. Dank exzellenter Eröffnungsvorbereitung konnte Tom bald einen Zeitvorsprung von fast einer Stunde bei besserer Stellung für sich reklamieren. Doch IM Oliver Brendel (2389) verteidigte sich erfindungsreich und genau und konnte so noch ein totremises Turmendspiel erreichen, was wir jedoch beim Stand von 4:3 sehr gerne in Kauf nahmen.
Dieser Überraschnungserfolg rundete eine exzellente erste Saisonhälfte ab, an die hoffentlich im Jahre 2009 angeknüpft werden kann.