Dank eines formidablen Spitzenduos konnten wir heute mit dem 3½:2½ über das belgische Team aus Borgerhout den ersten Sieg im Europacup einfahren. Dabei gab es einige Parallelen zum Deutschen Pokal-Finale dieses Jahres zu beobachten: Keine Partie ging verloren, Michael Hoffmann sorgte für den einzigen Sieg und Jörg Wegerle hielt wieder einmal in der letzten Partie ein aussichtslos erscheinendes Endspiel zusammen und sicherte so den Mannschaftssieg ab. Dies bildete den idealen Abschluss eines herrlichen Herbsttages, der uns heute bei strahlendem Sonnenschein einen langen Spaziergang am See in die schöne Altstadt von Ohrid unternehmen ließ, was sich offenbar sehr positiv auf unser Spiel auswirkte!
Das Duell gegen Borgerhout ließ ein spannendes Match erwarten, wiesen beide Mannschaften doch einen annähernd gleichen Elo-Schnitt auf. Während unsere nominellen Vorteile an den Spitzenbrettern lagen, hatten unsere Kontrahenten an den Brettern 4-6 ein leichtes Übergewicht. So war es zu verkraften, dass sich Oliver Kniest nach einem völlig uninspirierten Weiß-Vortrag gegen FM Eric De Haan (2363) bereits nach 9 Zügen seinen Mannschaftsführer-Pflichten widmen konnte. Schließlich konnte etwa zwei Stunden später auch das erste Schwarz-Remis verzeichnet werden. Milon Gupta baute sich gegen den überraschenden 1.b3-Aufschlag seines Opponenten FM Richard Vedder (2349) grundsolide auf, so dass sein Kontrahent trotz Läuferpaares niemals ernsthafte Vorteile für sich verbuchen konnte.
Dann war es Zeit für unsere erste Gewinnpartie in diesem Turnier: Michael Hoffmann zelebrierte am Spitzenbrett mit Schwarz einen herrlichen Scheveninger-Sizilianer. Gegen den Keres-Angriff von FM Stefan Docx (2384) konnte er frühzeitig einen schönen Springer auf e5 installieren. Als der Belgier dagegen mit Gewalt vorgehen wollte, wurde er von Michael mustergültig ausgekontert. Besonders die Karriere seines h8-Turmes, der zunächst auf h7 den eigenen König beschützte, um dann zurück über h8 nach a8 zum Mattsetzen zu schwenken, war sehr ästhetisch anzusehen. Vor der Zeitkontrolle schienen wir damit bei einer 2:1-Führung einem Sieg entgegenzustreben, da Thomas Michalczak und Andreas Peschel vielversprechende Angriffsstellungen besaßen und Jörg Wegerle ebenfalls über kleinen positionellen Vorteil verfügte.
Doch die Zeitnotphase lief überhaupt nicht in unserem Sinne. Tom hatte gegen das 1.Sc3 seines Gegners, Henk Vedder (2364) eine eigene Partie bis zu klarem schwarzen Vorteil wiederholen können, wie sich am auf c1 durch seine eigenen Bauern eingemauerten weißen Läufer sehr gut ablesen ließ. Doch bei seinen Angriffsbemühungen gegen den weißen König unterschätzte er das weiße Gegenspiel am Damenflügel, so dass sich plötzlich sein eigener in der Brettmitte verbliebener Monarch heftigen Drohungen ausgesetzt sah. Letztlich mündete die Partie in ein Dauerschach. Ähnlich lief es bei Andreas: Er verbrauchte bei der Suche nach der besten Fortsetzung seiner vielversprechenden Angriffsstellung gegen Emanuel Nieto (2246) sehr viel Zeit, um schließlich einen Bauern einzustellen. Wenigstens konnte er sich dabei in ein Endspiel mit Läuferpaar gegen Läufer und Springer retten, das relativ unproblematisch Remis zu halten war.
Beim Stande von 3:2 kam es damit wieder einmal auf Jörg Wegerle an. Doch auch Jörg hatte sich ungewohnter Weise in taktischen Komplikationen verzettelt und war in einer Position gelandet, in der das Läuferpaar seines Gegners IM Xander Wemmers (2378) so stark war, dass sich Jörg in ein Endspiel flüchten musste, in dem Wemmers drei Bauern für seine Minusqualität und zwei verbundene Freibauern am Damenflügel besaß. Doch wieder einmal wurden wir Zeuge der Wegerleschen Verteidigungskunst. Im Inkrement-Modus, in dem beide Spieler häufig nur noch ein paar Restsekunden aufwiesen, stellte er mit seinen beiden Türmen maximale Probleme, konnte seinen König auf den Damenflügel zu den Freibauern überführen und schaffte schließlich nach fast 6 Stunden das vielumjubelte Remis zum Gesamtsieg.
Morgen wartet nun wieder eine schwere Aufgabe mit dem litauischen Team aus Kaunas, das gestern beim 2½:3½ gegen die topgesetzte Mannschaft von Saratow lange Chancen auf eine Sensation besaß und auch beim heutigen 6:0-Sieg einen starken Eindruck hinterließ. Wir wollen versuchen, ihren Lauf zu unterbrechen!
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Herzlichen Glückwunsch. Eine sehr schöne und informative Berichterstattung ! Wünsche weiterhin viel Glück und freue mich auf das nächste Update !