Getrübte Stimmung herrschte beim Abendessen nach der 3. Runde im Solinger Lager, denn nach der spielerisch bisher schwächsten Leistung setzte es eine auch in dieser Höhe nicht unverdiente 1½:4½-Niederlage gegen die litauische Mannschaft von CC Margiris Kaunas. Die Balten wiesen zwar nur einen leicht besseren Eloschnitt als wir auf, gingen aber mit ihrem Team von 3 GM und weiteren jungen ambitionierten Spielern mit der Favoritenrolle in die Begegnung, der sie dann auch souverän gerecht wurden.
Jörg Wegerle überraschte seine Teamkollegen beim Mittagessen mit der Feststellung, dass er keine Ahnung hätte, was er denn mit Schwarz gegen GM Vidmantas Malisauskas (2483) spielen solle, da dieser immer so trockene und langweilige Stellungen anstreben würde. Dabei schien ihm unsere Antwort, dass dies seinen Gegnern doch ebenfalls ständig so ergehen würde, keine besondere Hilfe zu sein … Letztlich griff er wieder auf die bewährte Französische Fort Knox-Verteidigung zurück, und es entwickelte sich die erwartet „hochspannende“ Partie, nach deren Remisschluss im Läuferendspiel der Vorschlag aufkam, gleich beide Spieler ob ihrer Spielanlage für den Friedensnobelpreis zu nominieren. Von unseren Frotzeleien mal abgesehen, sei aber festgehalten, dass Jörg wieder einmal ein grundsolides Schwarz-Remis beisteuerte.
Zuvor hatte bereits Thomas Michalczak mit GM Algimantas Butnorius (2433) den Punkt geteilt. Dieser hatte Tom mit der Wahl der Tschigorin-Verteidigung im Spanier überrascht, so dass Thomas ein Remisangebot im frühen Mittelspiel einstreute, was sofort angenommen wurde. Diese beiden Punkteteilungen waren jedoch auch schon die positivsten Nachrichten des Tages. An Brett 6 erlangte Andreas Peschel gegen den englischen Mikenas-Angriff von FM Laimutis Solys (2300) eine gut spielbare Stellung, verlor dann aber im Mittelspiel völlig den Faden und stellte in einem bereits sehr schwierigen Endspiel mit Minusbauer bei ablaufender Zeit im 30 Sekunden-Zusatzmodus auch noch eine Figur ein.
Zudem knüpfte Oliver Kniest leider nahtlos an seine bisherigen schwachen Auftritte an und geriet bereits in der Eröffnung gegen IM Midaugas Beinoris (2400) nach einer schwerwiegenden Ungenauigkeit in eine schlechte Stellung, die er die gesamte Partie über bis ins verlorene Turmendspiel erfolglos weiterschleppte. Milon Gupta hatte die undankbare Aufgabe, gegen den erst 14-jährigen Tomas Laurusas (2180) antreten zu müssen, der in der ersten Runde bereits einen Russen mit Elo 2660 geschlagen hatte. Leider setzte Milon seinen ursprünglichen Plan, direkt ins Endspiel zu gehen, nicht mit letzter Konsequenz um, sondern entwickelte in der Eröffnung doch noch einige Ambitionen, so dass das litauische Talent in einem für ihn etwas schlechteren Mittelspiel mit einigen taktischen Kniffen doch noch gefährliches Gegenspiel konstruieren konnte. Letztlich hielt Milon die Stellung aber im Gleichgewicht und steuerte die dritte Punkteteilung bei.
Damit war der Kampf verloren und auch am Spitzenbrett konnten wir keine Ergebniskosmetik erzielen. Michael Hoffmann war gegen GM Sarunas Sulskis (2568) gewohnt unternehmungslustig in einer scharfen Wiener Variante des Damengambits den zahlreichen focierten Remisvarianten bewusst ausgewichen und hatte einen offenen Kampf gesucht, wofür er aber heute leider nicht belohnt wurde. Sein Kontrahent verteidigte sich umsichtig und initiierte ein gefährliches Gegenspiel gegen den weißen König, so dass er schließlich ein Endspiel mit Mehrbauern erreichen konnte, das er mit guter Technik zum Sieg führen konnte.
Nach unserem heutigen schwachen Auftritt ist für morgen Wiedergutmachung angesagt. Dabei geht es gegen die finnische Mannschaft von Salon Shakkikerho Salsk, bei der es ein Wiedersehen mit Heikki Westerinen geben wird.
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