Dank der bisher besten Saisonleistung hat unsere Zweite einen sehr wichtigen 5½:2½-Sieg über die Bundesliga-Reserve des SV Wattenscheid landen und damit das Tabellenende wieder verlassen können. Besonders erfreulich beim ersten Saisonsieg gegen einen direkten Mitkonkurrenten im Abstiegskampf war die mannschaftliche Geschlossenheit, so dass es nicht einen Partieverlust zu verzeichnen gab. Nach der Führung durch Michael Berg sorgten schließlich die vollen Zähler von Lorenz Drabke und Jörg Wegerle an den Spitzenbrettern für die Entscheidung.
Die uns aufgrund der längjährigen Bundesliga-Reisepartnerschaft bestens bekannten Gäste aus dem Ruhrgebiet hatten als Aufsteiger am vergangenen Spieltag einen klaren Sieg über Godesberg eingefahren und waren dementsprechend hochmotiviert und mit einer starken Aufstellung in die Klingenstadt gereist. So entwickelte sich in freundschaftlicher Weise das erwartet spannende Vier-Punkte-Spiel im Kampf um den Klassenerhalt. Nach etwas über zwei Stunden gab es am Brett von Markus Balduan die erste Punkteteilung zu verzeichnen. Er hatte mit Schwarz gegen die Damengambit-Abtauschvariante von Christopher Graw (2273) eine scharfe Variante mit frühem Db6 gewählt, doch nach einigen taktischen Scharmützeln im frühen Mittelspiel entstand schließlich ein recht statisches Turm- und Leichtfigurenendspiel, in dem keine Seite ernsthafte Fortschritte machen konnte. Etwas länger dauerte die Partie zwischen den beiden Französisch-Experten Markus Schäfer und FM Benjamin Tereick (2378), in der es einige positionelle Nuancen der Tarrasch-Variante zu bewundern gab, wobei letztlich das Stellungsgleichgewicht niemals ernsthaft gestört wurde.
Einige Zeit später konnte dann Michael Berg unsere erste Führung überhaupt in dieser Saison erzielen. Holger Lehmann (2223) hatte sich mit einer ungewöhnlichen indischen Verteidigung mit 2…b6 verteidigt, die schließlich zu einer Grünfeld-Struktur führte, in der Michael einen Angriff durch die Öffnung der h-Linie initiierte, der nach einem schweren Fehlgriff von Lehmann überraschend schnell zum Erfolg führte. So konnten wir es auch verkraften, dass Herwig Pilaj bei seinem Saisondebüt seine klaren positionellen Vorteile in einer Nebenvariante des klassischen Königsinders gegen FM Johannes Franke (2328) nicht nutzen konnte. Herwig gewann zwar einen Bauern am Damenflügel, ließ dadurch aber so viel Gegenspiel durch die Aktivierung der schwarzen Figuren zu, dass er bei sehr knapp werdender Bedenkzeit froh sein musste, Dauerschach geben zu können.
Weniger aufregend verlief die Partie zwischen FM Timo Sträter (2347) und Thomas Michalczak, in der Tom mit Schwarz in der Karlsbader Struktur gegen die von Timo gewählte Damengambit-Abtauschvariante keine großen Probleme hatte, aber mehr als völliger Ausgleich mit Schwarz auch nicht herauszuholen war. Somit liefen beim Zwischenstand von 3:2 noch die drei Spitzenbretter, an denen Martin Becker leicht nachteilhaft und Jörg Wegerle etwas besser stand.
Somit ließ sich bereits erahnen, dass der Partie am Spitzenbrett entscheidende Bedeutung zukommen würde. Dort hatte Lorenz Drabke als Schwarzer in einem Sizilianer gegen den Naturschach-Aufbau des holländischen GM Yge Visser (2464) schnell eine komfortable Stellung erreicht. In einer komplizierten Position bei beiderseitiger Zeitknappheit behielt Lorenz dann immer den Überblick und wehrte auch die ungestümen weißen Angriffsversuche souverän ab, so dass er schließlich in einem Endspiel mit entscheidendem Materialvorteil landete und den sehr wichtigen Sieg zum 4:2 erzielte.
Kurze Zeit später war der erste Saisonsieg perfekt, als auch IM Georgios Souleidis (2435) seine Gewinnversuche gegen Martin Becker einstellte. Aus einem Hybrid von Wiener Partie und Läuferspiel war dort nach schnellem Damentausch eine ganz ruhige Stellung entstanden, in der Martin aber nie völlig ausgleichen konnte. Doch er verteidigte sich bis ins Endspiel sehr exakt und stand in der Schlussstellung fast schon einen Tick angenehmer, so dass die Punkteteilung das für ihn wichtige und hochverdiente erste Erfolgserlebnis der Saison bedeutete. Mit diesem angenehmen Spielstand im Rücken konnte Jörg Wegerle sehr beruhigt sein vorteilhaftes Springerendspiel gegen den von den Solinger Schachwochen bestens bekannten Svetlin Mladenov (2439) weiterkneten, dass er nach einem hübschen taktischen Intermezzo im Mittelspiel fast zwangsläufig erreicht hatte. Wieder einmal demonstrierte Jörg seine exzellente Technik und setzte mit seinem Sieg nicht nur das Sahnehäubchen unter einen tollen Kampf, sondern avancierte mit seinem zweiten Saisonsieg auch direkt zum Topscorer.
Die Zweite konnte mit diesem wichtigen Erfolg einen Sprung von Platz 10 auf 6 in der Tabelle machen und möchte sich beim nächsten Kampf in Aachen noch weiter von den Abstiegsplätzen lösen.