Bei der abendlichen Besprechung der Partien war das eine oder andere Frustbier notwendig, um die Ereignisse der dritten Runde richtig verkraften zu können. Eigentlich entsprach die 1½:4½-Niederlage gegen Oslo Schakselskap den nominellen Erwartungen, da die Norweger nicht nur 3 starke Großmeister an die Bretter brachten, sondern an jedem Brett favoisiert waren und einen um über 100 Zähler höheren Elo-Schnitt aufwiesen. Doch nach 3 Stunden wären sie wohl durchaus sehr zufrieden gewesen, ein Unentschieden aus dem Kampf mitzunehmen.
Was folgte, war eine Mischung des bekannten Jürgen Wegmann-Mottos »Erst hatten wir kein Glück, …« und eine unfassbar miserable Chancenauswertung, so dass sich am Ende nur Milon Gupta über seinen zweiten Sieg im Turnier und Thomas Michalczak über ein Remis gegen GM Leif Erlend Johannessen (2499) freuen konnten.
Doch gerade die Partie von Tom gegen den langjährigen norwegischen Nationalspieler zeigte exemplarisch den Trend für die Endphase des Kampfes auf. An allen 6 Brettern waren wir gut aus der Eröffnung gekommen und der wie immer exzellent präparierte Michalczak hatte in der scharfen Bauernraub-Variante eines Winawer-Franzosen nicht nur eine exzellente Stellung, sondern auch bereits über eine Stunde Zeitvorteil erreicht. Plötzlich kam jedoch Sand ins Getriebe und er agierte in der Folge zu zögerlich, so dass der routinierte Großmeister sich noch ins Remis retten konnte.
Ein weiterer halber Zähler ging am Spitzenbrett verloren, wo Alexander Naumann gegen Carlsen-Buddy GM Jon Ludwig Hammer (2601) mit Katalanisch immer eine trockene ausgeglichene Position hatte, die schließlich in ein Bauernendspiel abdriftete, dass laut Alex alle Mitglieder unserer U12-Mannschaft Remis gehalten hätten. Ihm gelang es leider nicht, was seine erste Turnierniederlage und einen völlig unerwarteten Rückstand bedeutete. Doch es sollte noch schlimmer kommen: Andreas Peschel hatte mit Schwarz seinen Gegner FM Ornulf Stubberud (2322) positionell überspielt und hätte im Mittelspiel vermutlich bereits entscheidend Material gewinnen können. Doch auch so erreichte er ein klar vorteilhaftes Endspiel mit einem starken Freibauern und der besseren Leichtfigur, bevor ihm direkt nach der Zeitkontrolle ein übler Fall von Schachblindheit unterlief, der ihm einen entscheidenden Bauern kostete, da er in der angestrebten Variante ein zweizügiges Selbstmatt übersehen hatte. Selbst jetzt hätte er noch gute Remischancen besessen, doch unter Schock verlor er die Partie in wenigen Zügen.
So war zur Zeitkontrolle statt einer Führung ein ½:2½- Rückstand zu verzeichnen. Dies war umso bitterer, als FM Kristian Trygstad (2342), der Kontrahent von Milon Gupta einen vergifteten Bauern auf a7 genommen und dadurch eine Figur verloren hatte, was Milon zum Anschlusstreffer nutzte. Doch auch die letzten beiden Partien zeigten, dass es definitiv nicht unser Tag war: Markus Schäfer hatte mit Schwarz gegen den gefürchteten französischen Angriffsspieler GM Emanuel Berg (2575) eine seltene Variante des Paulsen-Sizilianers gewählt und dadurch eine immer gut spielbare Stellung erhalten, in der sein Isolani auf d5 höchstens einen akademischen Nachteil bedeutete. Als er dem Remishafen schon sehr nahe war, stellte Markus dann eine Figur ein und musste aufgeben.
Bei diesem Verlauf der Ereignisse verwundert es nicht, dass auch der bisher sehr unglücklich agierende Dr. Axel Scheffner seine Initiative in einem Grünfeld-Endspiel mit Weiß gegen FM Daniel Jakobsen Kovachev (2332) nicht nutzen konnte und schließlich gegen das schwarze Laüferpaar auch die Waffen strecken musste. Fazit: Morgen kann und wird es gegen die slowenische Mannschaft von SK Radenska Pomgrad nur besser werden!
Dafür hatten zumindest zwei SG-Spieler gestern allen Grund zum Strahlen: Bosna Sarajewo kam zu einem 3½: 2½- Sensations-Erfolg über die Topmannschaft von SOCAR Aserbaidschan. Dabei steuerte Markus Ragger mit Caro-Kann ein problemloses Schwarz-Remis gegen Fast-Anand-Herausforderer und Weltcup-Vize Alexander Grishchuk (2757) bei, während Predrag Nikolic das entscheidende Remis bei 3:2-Führung gegen Andrei Volokitin (2686) durch zähe Verteidigung erreichte.
Lorenz Drabke besiegte mit seinem SF Reichenstein das mazedonische Team von Gambit Aseko und steuerte ein Remis gegen IM Petar Arnaudov (2484) bei, während Michael Hoffmann ebenso mit einem Remis zufrieden sein musste, wie sein belgisches Team mit einem 3:3 gegen die britische Amateurtruppe von White Rose.
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