Mit einem souveränen 5:1 gegen die slowenische Mannschaft von SD Radenska Pomgrad hat unser Europacup-Sextett die gestrige sehr bittere Niederlage vergessen gemacht und befindet sich mit nun 4:4 Zählern und einem fast ausgeglichenen Brettpunktekonto zur Turnierhalbzeit absolut im Soll. Nach zwei Remisen brachten Andreas Peschel und Alexander Naumann die Mannschaft auf die Siegerstraße. Milon Gupta war es dann vorbehalten, mit der Zeitkontrolle für die Entscheidung zu sorgen, wobei ihm sein dritter Sieg in Folge auch zum aktuellen Topscorer im Team avancieren lässt. Besonders erfreulich war schließlich, dass auch Dr. Axel Scheffner endlich seine schwarze Serie beenden konnte und mit seinem ersten vollen Zähler zum unerwartet hohen Sieg vollendete.
Der Europapokal wird in diesem Jahr in 3 verschiedenen Spielsälen ausgetragen. Nachdem wir in der ersten Runde ja das Vergnügen hatten, den prunkvollen Kronensaal der sieben Topbegegnungen live zu erleben, waren wir sonst bisher stets im zweiten Saal gewesen. Heute brauchten wir erstmals nicht das Hotel zu wechseln, denn die Auslosung hatte uns an Tisch 22 nach unten gespült, so dass wir in den dritten Saal des »Fußvolkes« verwiesen wurden, der sich in unserem Hotel befindet. Dort kapitulierte nach ca. 60 Minuten Spielzeit die Klimaanlage, was in Anbetracht der Masse der dort befindlichen Mannschaften zu einer schrecklich stickigen Luft führte und uns zusätzlich motivierte, dort möglichst nicht mehr antreten zu müssen.
Gegen die Slowenen waren wir nominell an den vorderen und hinteren beiden Brettern favorisiert, dennoch war absolut kein Selbstläufer zu erwarten, zumal die niedrigen Elo-Zahlen an den hinteren Brettern durch das junge Alter unserer Gegner weiter relativiert wurden. Schnell ergab sich eine Punkteteilung am dritten Brett, wo Thomas Michalczak mit Schwarz gegen FM Ales Lazar (2308) aus einer schottischen Hauptvariante in einem völlig ausgeglichenen Turmendspiel gelandet war. Auch Markus Schäfer stellte nach seiner gestrigen langen und unglücklich verlaufenen Verteidigungsschlacht heute gegen FM Denis Gjuran (2316) schnell seine Gewinnversuche ein, nachdem er gegen dessen beschleunigten Drachen nichts hatte herausholen können.
Die Führung besorgte dann Andreas Peschel gegen den erst 13jährigen Boris Markoja (2046). In einer Igel-Struktur hielt Andreas die Partie betont in trockenen positionellen Fahrwassern und konnte einen souveränen Sieg erzielen. Kurze Zeit später erhöhte Alexander Naumann den Vorsprung auf 3:1. Gegen IM Stefan Cigan (2343) war Alex erstmalig in diesem Turnier nomineller Favorit und spielte seine Routine auch großmeisterlich aus. Zunächst neutralisierte er die weißen Offensivbemühungen in einem sizilianischen Grand-Prix-Angriff und verbesserte dann sukzessive seine Stellung, so dass sein Kontrahent mit völlig passiven Figuren kurz vor dem Verlust eines zweiten Bauern aufgab.
Den Siegtreffer besorgte nach einem erneuten souveränen Positionsvortrag Milon Gupta, der in einem Engländer gegen Jerzej Buzeti (2301) immer eine leichte Initiative bewahrte, die er dann kurz vor der Zeitkontrolle in eine entscheidende materielle Dividende umwandeln konnte, was gleichbedeutend mit seinem dritten Sieg in Folge war! Am glücklichsten war aber vermutlich Dr. Axel Scheffner, bei dem bisher im Turnier alles schief gelaufen war. Gegen den jugendlichen Matej Titan (2091) konnte Axel in einem Chebanenko-Slaven schnell Ausgleich erzielen und häufte dann in einem Turmendspiel mit Leichtfiguren sehr geduldig so lange kleine Vorteile an, bis sich materielle Einbußen des Weißen nicht mehr verhindern ließen. Es bleibt Axel zu wünschen, dass dieser Sieg zum 5:1 auch für ihn persönlich den Auftakt in eine tolle zweite Turnierhalbzeit bedeutet.
Von den anderen SG-Spielern erzielten heute Markus Ragger und Predrag Nikolic schnelle Weiß-Remisen gegen die Weltklasse-Großmeister Nikita Vitiugov (2726) und Zahar Efimenko (2703), konnten aber nicht verhindern, dass das favorisierte Team von Sankt Petersburg um Weltcup-Sieger Peter Svidler zumindest eine Weiß-Partie für sich entschied und damit Bosna Sarajevo mit 3½:2½ bezwingen konnte. Michael Hoffmann steuerte beim 4:2 von Ans gegen das israelische Team mit dem schönen Namen Perfect ein Remis gegen GM Gennadij Sagalchik (2426) bei, während sich Lorenz Drabke bei der ½:5½- Niederlage von Reichenstein gegen das frustrierte Spitzenteam von SOCAR Aserbaidschan Andrei Volokitin (2686) unterlag, der damit in der vierten Runde dem dritten SG-Spieler gegenüber saß!
Die morgige 5. Runde ist für das deutsche Schach besonders interessant. Zum einen kämpft die bisher exzellent aufspielende OSG Baden Baden im Spitzenkampf gegen das Moskauer Team von SHSM-64 und außerdem gibt es ein Prestigeduell um die zweite deutsche Kraft in diesem Turnier zwischen den Schachfreunden Berlin und unseren Euro-Fightern! Die Fans in der Klingenstadt drücken dafür alle Daumen!
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