Am Abend des dritten Spieltags bei der deutschen Jugend-Vereinsmeisterschaft in Osnabrück wusste der SG-Troß selbst nicht so recht, wie zufrieden man mit diesem Tag sein sollte. Gerne hätte man aus den beiden Kämpfen gegen die SG Forchheim und den SK Bebenhausen mehr als das jeweilige 3:3 herausgeholt, auch wenn beide Kämpfe durchaus auch hätten verloren werden können.
Letztlich gingen die Ergebnisse bei der gebotenen Mischung von ausbaufähiger spielerischer Leistung, dafür aber herausragender kämpferischer Einstellung durchaus in Ordnung. Zudem liegen wir mit 6:6 Zählern auf dem 7. Rang noch in Schlagdistanz zu den erweiterten Spitzenplätzen und es blieb uns der bereits als neuer Deutscher Meister feststehende Hamburger SK als Schlussrundengegner erspart. Insofern gilt es für die Schlussrunde alle Kräfte zu bündeln, um mit einem Sieg gegen SK 1980 Gernsheim vielleicht doch noch den Sprung unter die ersten fünf Plätze zu schaffen.
Nach dem frustrierenden zweiten Spieltag mit der hohen Niederlage gegen Königsspringer Hamburg war die SG Forchheim nicht unbedingt der Wunschgegner, da die Franken nominell nur unwesentlich schwächer als wir einzuordnen waren und zudem über zwei exzellente Spitzenbretter verfügen. Doch der erste Teil der sich daraus ergebenden Mannschaftstaktik funktionierte absolut exzellent:
Alexander Hobusch agierte nach seiner traumatischen Zeitüberschreitung vom Vortag gegen die provokante Polnische Verteidigung von Leon Mons (2335) betont solide und erreichte frühzeitig den Remishafen. Gleiches gelang wenig später Marcel Kyas, der mit Schwarz gegen Eduard Miller (2185) schnell eine stark vereinfachte Stellung mit ungleichfarbigen Läufern erreichte, so dass auch hier Frieden geschlossen wurde.
Nun sollte die nominelle Überlegenheit an den unteren Brettern zu einem Mannschaftssieg umgemünzt werden, was jedoch nur bedingt gelang. Seva Bashylin hatte mit Schwarz gegen Robert Wagner (1770) in einem Sämisch-Königsinder eine absolut zufriedenstellende Position erreicht und wies zudem deutlichen Zeitvorteil auf, als er begann, in der gegnerischen Zeitnot mitzublitzen und prompt einen entscheidenden Bauern einstellte, was später einen unnötigen Verlust zur Folge hatte. Wenigstens gelang es Oliver Wroblowski, seinen Kontrahenten Dominik Nöttling (1744) in einem ausgeglichenen Springerendspiel mit besserer Technik noch auszumanövrieren und den Ausgleich zu erzielen.
Dies war extrem wichtig, da die beiden nach der Zeitkontrolle verbleibenden Partien an den Mittelbrettern wenig Positives verhießen. Ewald Fichtner wies mit Schwarz ein minimal schlechteres Leichtfigurenendspiel mit seinem Springer gegen den gegnerischen Läufer von Martin Killmann (1814) auf, während Jan Hobusch gegen Michael Stephan (1816) im Mittelspiel seiner spanischen Abtauschvariante den Faden verloren hatte und nun ein schwieriges Damen und Leichtfigurenendspiel mit Minusbauern zu verwalten hatte. Doch hier zeigte sich der exzellente Kampfgeist, der in der Mannschaft herrscht.
Ewald gelang es, seinen Gegner bei reduziertem Material auszutricksen und seinen a-Freibauern in eine Dame zu verwandeln. Nun schien kurzzeitig sogar wieder ein glücklicher Mannschaftssieg möglich, doch Jan verrechnete sich bei einem vermeintlichen Bauerndurchbruch und opferte fehlerhaft seinen Springer, so dass er kurze Zeit später aufgeben musste und der 3:3-Endstand amtlich war.
Somit war das Ziel, sich mit einem Sieg neues Selbstvertrauen zu holen und den Abstand zu den vorderen Plätzen zu verringern, verpasst worden. Die Auslosung der kommenden Runde ließ die Stimmung weiter sinken, denn wir wurden zur an Position 2 gesetzten Mannschaft des SK Bebenhausen hochgelost, die am Vormittag in einem Marathonkampf knapp gegen Bochum verloren hatten. Folglich war auch für unsere Gegner aus Württemberg ein Sieg im Kampf um die Medaillenplätze absolut Pflicht.
Was folgte, war ein unglaublich hart umkämpftes Match, in dem die kürzeste Partie 46 Züge dauerte! Während der restliche Turniersaal sich bereits fast vollständig geleert hatte, liefen in unserem Kampf noch fünf Partien. Die erste Punkteteilung gab es bei Oliver Wroblowski zu verzeichen, der mit Schwarz gegen Xu Xianliang (2073) in einer bekannten Theorievariante des c3-Sizilianers einen Bauern gewonnen hatte, dafür aber strukturelle Schwächen und weiße Initiative zu erdulden hatte. Olli verteidigte sich umsichtig und erreichte ein Doppelturmendspiel mit Mehrbauern. Dort ging er jedoch zu schnell auf weiteren Bauernfang, so dass sich sein Kontrahent ins Remis durch Dauerschach retten konnte.
Keinen guten Tag hatte Kevin Zolfagharian erwischt, dem mit Weiß gegen Pablo Bonenberger (1665) die Eröffnung in einem beschleunigten Drachen ziemlich daneben ging, so dass er frühzeitig einen Bauern geben musste und danach keine ernsthaften Aussichten auf einen halben Zähler mehr bekam. Ein schwieriges Positionsgefecht lieferte sich Alexander Hobusch als Schwarzer in einem McCutcheon-Franzosen mit Ulrich Zimmermann (2183). Alex opferte zwischenzeitlich eine Figur für drei Bauern, doch trotz der asymmetrischen Materialverteilung wurde das Gleichgewicht vermutlich nicht ernsthaft gestört, was in der fünften Spielstunde einen 1:2-Zwischenstand bedeutete.
In den verbleibenden 3 Partien machte sich dann der anstrengende Modus mit der dritten Doppelrunde in Folge in Verbindung mit der kurzen FIDE-Bedenkzeit deutlich bemerkbar, da zum Schluss alle Spieler fast nur noch vom 30-Sekunden- Inkrement lebten. So kam es zu einigen überraschende Wendungen in den Begegnungen und die Teambetreuer hatten so manches graue Haar zu beklagen… Zunächst gelang es dem in exzellenter Form befindlichen Marcel Kyas, gegen Georg Braun (2133), ein schlechteres Leichtfigurenendspiel mit zwischenzeitlichem Minusbauern noch zu gewinnen! Dafür geriet Ewald Fichtner gegen Daniel Gibicar (2037) in einem eigentlich unverlierbaren Springerendspiel sukzessive auf immer größere Abwege und gab durch seine Niederlage nach 95 Zügen das kleine Geschenk des unerwarteten halben Zählers bei Marcel wieder zurück.
Dennoch gab es letztlich ein Happy End, denn ausgerechnet der nach seiner vorangegangenen Doppel-Null recht frustrierte Jan Hobusch behielt in seiner vierten langen Partie in Folge die Nerven und spielte gegen Philipp Kaulich (2133) eine blitzsaubere Positionspartie. Mit Schwarz gewann er in einer ruhigen Caro-Kann-Variante im Mittelspiel einen Bauern und wandelte diesen Materialvorteil technisch sauber und geduldig in einen ganz wichtigen vollen Zähler um, der nach einem nervenaufreibenden Tag für das zweite hart umkämpfte 3:3 sorgte.
Vielleicht ist dieses Ergebnis für das Endresultat sogar optimal, denn statt des Hamburger SK, der sich mit 12:0 Zählern bereits vor der Schlussrunde überlegen die deutsche Meisterschaft sicherte, geht es nun gegen die nominell schwächere Mannschaft des SK 1980 Gernsheim. Insofern könnte ein Schlussrundensieg noch für einen exzellenten Jahresausklang sorgen. Wir drücken die Daumen!