Mit 14:18 (3:5) musste sich unsere Jugendmannschaft im Duell der beiden verbliebenen verlustpunktfreien Mannschaften bei der SG Bochum 31 geschlagen geben. Durch zwei schnelle Weiß-Niederlagen geriet die Mannschaft frühzeitig unter Druck, schaffte es aber auf bemerkenswerte Weise, sich zurück zu kämpfen. Letztlich waren aber die beiden Schwarz-Siege von Ewald Fichtner und Philipp Andrä zu wenig, um die vagen Hoffnungen auf eine Punkteteilung tatsächlich zu erfüllen.
Die SG Bochum 31 ist seit zwei Jahrzehnten die dominierende Mannschaft im NRW-Jugendschach und war als Titelverteidiger in der Jugendbundesliga West natürlich auch ganz nominell favorisiert, zumal wir ausgerechnet auf unseren auf Klassenfahrt weilenden Topscorer Jan Hobusch verzichten mussten, während die Ruhrstädter ihre Topbesetzung ans Brett brachten. Dennoch wollten wir uns natürlich für die knappe Niederlage bei der Deutschen Meisterschaft im Dezember revanchieren und erstmalig etwas Zählbares gegen das Team von Norbert Franke erreichen. Aus diesem Grunde erhielt Marcel Kyas auch nach einer Stunde die Weisung, das Remisangebot von Jürgen Mazarov auszuschlagen, auch wenn ein komfortables Schwarz-Remis grundsätzlich ein gutes Ergebnis gewesen wäre.
Leider gerieten wir in den folgenden zwei Stunden schnell in die Defensive: Daniel Reksten unterlief in einer minimal besseren Katalanisch-Stellung mit Weiß ein kapitaler Blackout, der ihm kompensationslos eine Qualität bei zusätzlich schlechterer Stellung kostete, wonach er die Niederlage nur noch herauszögern konnte. Auch Seva Bashylin agierte mit Weiß in einem Abtausch-Spanier zu ambitioniert und ließ sich seine Dame einsperren, so dass er sich nachfolgend aufgrund seines großen Entwicklungsrückstands gegen den schwarzen Angriff nicht verteidigen konnte.
Hoffnung keimte wieder dank der exzellenten Vorstellung von Ewald Fichtner auf. Mit Schwarz erreichte er in einer Caro-Kann-Vorstoßvariante mit 4. h4 schnell Ausgleich. Als sein Gegner weiteren Vereinfachungen auswich, die Zentrumsspannung aufrechterhalten wollte und dabei viel Bedenkzeit investierte, verbesserte Ewald mit zügigem und logischem Spiel sukzessive seine Position und erzielte schließlich dank entscheidendem Materialgewinn in gegnerischer Zeitnot den Anschlusstreffer. Der knappe Rückstand blieb uns auch nach den nächsten beendeten Partien erhalten. Oliver Wroblowski hatte in einer slawischen Abtauschvariante minimale strukturelle Vorteile erhalten, die sich gegen die aufmerksame Verteidigung von Kevin Kahleys nicht verdichten ließen, so dass letztlich ein totremises Bauernendspiel endstand. Kurz vor der Zeitkontrolle endete dann auch das positionelle Schattenboxen am Spitzenbrett in einer ruhigen Grünfeld-Indisch-Variante zwischen Alexander Hobusch und Konstantin Tkachuk leistungsgerecht mit Remis durch dreimalige Stellungswiederholung.
So gingen wir mit einem Rückstand von 2:3 bei noch drei verbleibenden Schwarz-Partien in die Zeitnotphase, in der dann Philipp Andrä groß aufspielte. Er war mit Schwarz aus einer Damengambit-Abtauschvariante in einer strukturell verlorenen Stellung am Damenflügel gelandet, so dass er alle Hoffnungen in einen Konterangriff am Königsflügel setzen musste. Trotz zwischenzeitlichem großen Zeitnachteil löste er diese Aufgabe mit Bravour und wandelte zur Krönung seinen h-Bauern, mit dem er die Offensive eingeleitet hatte, zur zweiten Dame um! Damit fuhr er nicht nur einen tollen Sieg gegen einen über 300 DWZ-Punkte stärkeren Gegner ein, sondern erzielte auch den Ausgleich!
Leider verliefen die Ereignisse an den anderen Brettern nicht so erfolgreich: Mark Shishkov hatte mit Schwarz in einem Abtauschspanier eine sehr ordentliche Partie gespielt und schließlich ein haltbares gleichfarbiges Läuferendspiel erreicht, in dem sein Minusbauer durch seinen mächtigen gedeckten Freibauern auf h2 kompensiert wurde. Doch leider behandelte er das Endspiel suboptimal, so dass sein Kontrahent letztlich doch seinen Materialvorteil ausspielen und für die Entscheidung sorgen konnte. Denn am zweiten Brett hatte Mazarov nach der abgelehnten Remis-Offerte gegen die feste schwarze Caro-Kann-Position sukzessive kleine positionelle Vorteile angehäuft, so dass Marcel Kyas nur noch verzweifelt um ein Remis kämpfen konnte, was ihm aber letztlich trotz hartnäckigem Widerstand über die volle Spielzeit hinweg verwehrt blieb.
Damit stand die knappe, aber insgesamt verdiente 3:5-Niederlage fest und unser Jugendteam findet sich zwei Spieltage vor Saisonende auf dem zweiten Rang in der Jugend-Bundesliga West wieder.