Mit einem hart umkämpften 5:3-Erfolg über den gastgebenden USV TU Dresden hat unser Bundesliga-Team den Rückstand auf den Drittplazierten SC Eppingen in der Tabelle um einen Zähler verkürzen können, da die Kraichgauer einen Punkt gegen den SV Wattenscheid abgaben. Trotz schneller Siege von Mads Andersen und Michael Hoffmann wurde es gegen die um die letzte Chance für den Klassenerhalt kämpfenden Dresdner durch die sich abzeichnenden Niederlagen von Chanda Sandipan und Jan Smeets noch einmal sehr eng, so dass der gewünschte Mannschaftserfolg erst durch die glücklichen vollen Zähler von Predrag Nikolic und Markus Ragger am Spitzenbrett sichergestellt wurde.
Auf den ersten Blick hätte man einen Kampf gegen die mit lediglich 4 Zählern auf dem vorletzten Tabellenplatz rangierenden Sachsen für eine relativ einfache Pflichtaufgabe halten können, doch wir hatten bereits erwartet, dass Dresden vor heimischem Publikum insbesondere im Hinblick auf das wichtige Match gegen Remagen am Sonntag die stärkstmögliche Aufstellung mobilisieren würde. So saßen sich schließlich auf beiden Seiten jeweils 7 Großmeister gegenüber und unser nominelles Übergewicht beschränkte sich auf wenige Bretter.
Dank unserer Hinterachse erwischten wir einen optimalen Start: FM Jakov Loxine (2399), der in dieser Bundesliga-Saison eine IM-Norm erfüllte, hatte mit Weiß gegen Mads Andersen nicht seinen besten Tag erwischt. Nach einem königsindischen Angriff öffnete er frühzeitig die Stellung und nahm danach einen Zentrumsbauern mit seiner Dame, wodurch er jedoch immensen Entwicklungsrückstand in Kauf nehmen musste und vor allem sein König in der Mitte feststeckte. Diese Gelegenheit ließ sich unser dänisches Talent nicht entgehen und fuhr bereits nach 21 Zügen mit Schwarz den vollen Zähler ein. Schach-Legende GM Wolfgang Uhlmann (2379) hat vermutlich in seinem Leben fast genauso viele Partien mit Königsindisch wie mit seinem geliebten Franzosen gespielt, so dass Michael Hoffmann gegen ihn ein extrem scharfes Angriffssystem im Vierbauernangriff auspackte. Die Rechnung ging auf: der 76jährige langjährige DDR-Spitzenspieler fand nicht das beste Verteidigungskonzept und erlitt frühzeitig Materialverluste, die Michael gekonnt in einen vollen Zähler umwandelte. In Anbetracht dieser erfreulichen Entwicklungen konnte Alexander Naumann seine Schwarz-Partie gegen GM Raj Tischbierek (2454) schnell Remis geben, nachdem diese aus einer Wiener Partie heraus niemals die Remisbreite überschritten hatte.
In der Folge erhöhten sich jedoch die Sorgenfalten auf der Stirn von Teamchef Herbert Scheidt, da sich die Spielverläufe an den anderen Brettern nicht in seinem Sinne entwickelten: am Spitzenbrett hatte der ungarische Topspieler GM Zoltan Almasi (2710) in einem geschlossenen Katalanen die Angriffsbemühungen von Markus Ragger abgewehrt und einen glatten Mehrbauern behauptet, als Sandipan Chanda in einem taktischen Scharmützel gegen Bartosz Socko (2628) patzte und entscheidendes Material zum Anschlusstreffer für die Sachsen einbüßte.
Doch fast parallel kippten dafür gleich 2 Partien zu unseren Gunsten. GM Jens-Uwe Maiwald (2459) verpasste gegen Predrag Nikolic in ausgeglichener Position ein Zwischenschach, so dass sich Predrag mit einem Qualitätsopfer eine überlegene Stellung dank des geschwächten schwarzen Königs erarbeiten konnte, die nach einem weiteren Zeitnotfehler von Maiwald sofort verloren war. Noch krasser gestalteten sich die Geschehnisse am Spitzenbrett, wo Almasi zunächst seinen Vorteil verdarb und dann mit einem für einen Spieler seiner Klasse extrem seltenen Fehler die Partie sofort zum Verlust einstellte.
Somit war der Kampf doch ziemlich unerwartet bereits mit der Zeitkontrolle entschieden, so dass sich Daniel Stellwagen beruhigt nach einer interessanten Königsindisch-Partie gegen das Awerbach-System von Bundestrainer GM Uwe Bönsch (2530) mit diesem auf Remis einigte. Die letzte Partie zog sich dagegen noch zwei Stunden hin: Jan Smeets hatte gegen den polnischen Taktiker GM Grezegorz Gajewski (2607) die ruhige spanische Abtauschvariante gewählt, war aber letztlich in einem Leichtfigurenendspiel gelandet, in dem er mit seinem Springer gegen den schwarzen Läufer um das Remis kämpfen musste. Kurz vor der zweiten Zeitkontrolle geriet Jan dabei aber schließlich doch auf Abwege und musste sich letztlich zum 5:3-Endstand geschlagen geben.
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