Spitzenbrett Jerome Neumair hat bei seinem Debüt in der Jugendbundesliga West unserer Mannschaft einen glücklichen Auftaktsieg bei den SF Paderborn 2000 gerettet. Nach fast sechs Stunden Spielzeit hielt er ein sehr kritisches Endspiel mit Minusbauer Remis und steuerte so den entscheidenden halben Zähler zum 17:15–(4½:3½)-Sieg bei. Vorausgegangen war ein höchst wechselvoller Kampf, bei dem die Nerven von Spielern und Mannschaftsführer durch zahlreiche unerwartete Wendungen in den Partieverläufen arg strapaziert wurden.
Nach den beiden großartigen vergangenen Spielzeiten mit den Plätzen 3 und 2 steht diese Jugend-Bundesliga-Saison für die SG-Talente im Zeichen des Neuaufbaus. Sechs Stammspieler müssen ersetzt werden und die deutlich verjüngte Mannschaft hat ausschließlich den zum Klassenerhalt notwendigen 6. Rang als Ziel. Dafür war ein Erfolg bei den ebenfalls bereits seit vielen Jahren in der Bundesliga etablierten SF Paderborn 2000 enorm wichtig, da diese nominell zu den schwächeren Teams der Liga zählen.
Während die Gastgeber für dieses wichtige Auftaktmatch auf ihre Bestbesetzung vertrauen konnten, mussten wir leider auf den neuen Teamsenior Seva Bashylin verzichten. Unsere leichte Favoritenstellung resultierte vor allem aus dem DWZ-Übergewicht an den Brettern 4-6, während die Ostwestfalen vor allem an der Spitze absolut vergleichbar besetzt waren. Umso erfreulicher war es natürlich, dass gerade hier die frühe Führung erzielt werden konnte. Kevin Zolfagharian spielte die wohl beste Partie des Tages und fuhr einen blitzsauber positionell herausgespielten Sieg ein, indem er seine leichten Eröffnungsvorteile konsequent ausbaute und stets das Heft in der Hand behielt.
In der vierten Spielstunde kam Paderborn dann zum verdienten Ausgleich. Daniel Reksten hatte in einer katalanischen Semi-Slawisch-Struktur mit Schwarz früh e5 durchsetzen konnte, rochierte dann jedoch zu ehrgeizig zum Damenflügel, was ihm zunächst strukturelle Schwächen einbrachte und später entscheidendes Material kostete. Dennoch war Mannschaftsführer Oliver Kniest zu diesem Zeitpunkt noch sehr optimistisch, denn in allen 3 anderen Schwarz-Partien verfügten wir über materielle Vorteile jeweils in Form eines Bauern bei Philipp Andrä und Philipp Nguyen und sogar einer Qualität bei Amina Sherif. Allerdings sollten bis zur Zeitkontrolle noch einige Aufregungen warten…
Zunächst konnte Ersatzmann Philipp Nguyen die erneute Führung erzielen. Zwar ließ er einen sofortigen taktischen Gewinn aus und seinen Kontrahenten in ein haltbares Turmendspiel mit zwei gegen drei Bauern entwischen, aber dieser verteidigte sich nicht optimal, so dass Philipp doch den vollen Zähler einfuhr. Amina Sherif hatte zunächst souverän ausgeglichen und die Initiative mit Schwarz übernommen. Nach korrekter Ablehnung eines Remisangebots gewann sie eine Qualität, verlor danach aber schrittweise den Faden. Sie büßte einen Bauern ein und überließ dem gegnerischen Läuferpaar immer größeren Aktionsradius. So wurde ihre Position immer passiver und in hochgradiger Zeitnot stellte sie einen Turm ein, so dass eine äußerst bittere Niederlage zu verzeichnen war.
Glücklicher Weise lief es bei ihrer Teamkollegin Anne Reksten besser. Sie baute in einer holländischen Leningrader-Struktur mit Weiß am Damenflügel immer größeren Druck auf, gewann schließlich dadurch einen entscheidenden Bauern und münzte diesen Materialvorteil dann souverän in einen vollen Zähler um. Dies war umso wichtiger, als auch bei Philipp Andrä parallel zu den Ereignissen bei Amina die Partie völlig kippte. Philipp hatte mit Schwarz leichten Vorteil besessen und schließlich einen Bauern gewonnen, wofür sein Gegner aber etwas Kompensation in Form einiger taktischer Drohungen erhielt. Philipp griff bei deren Abwendung leider daneben und hatte plötzlich ein hoffnungsloses Endspiel mit Minusbauern, das nicht mehr zu verteidigen war.
So stand es 3:3 und wir konnten nach der Zeitkontrolle im Grunde bestenfalls noch auf ein Unentschieden hoffen. Jerome Neumair hatte nämlich seine optisch sehr gefährlich aussehende Initiative gegen den stark verteidigenden Kontrahenten nicht zu etwas Zählbarem nutzen können und wies stattdessen ein schwieriges Endspiel mit Minusbauer auf, als er die Zeitkontrolle mit einer (!) Sekunde Restbedenkzeit geschafft hatte. Bei Jan Porstmann standen die Zeichen klar auf Punkteteilung in einem Turmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern und jeweils einem Bauern, als sein noch sehr junger Gegner plötzlich eine unerwartete Aktivierung von Jans König zuließ, so dass dieser im Verbund mit seinen Figuren den Freibauern entscheidend unterstützen und die unerwartete 4:3-Führung erzielen konnte.
Nun mobilisierte Jerome noch einmal alle Kräfte und verteidigte sich so zäh, dass er fast zwei Stunden später mit dem einzigen Remis des Tages zum etwas glücklichen 17:15–(4½:3½)-Erfolg belohnt wurde. Nach diesem ersten wichtigen Sieg im Kampf um den Klassenerhalt möchten unsere Talente jetzt am 28.10. nachlegen, wenn die Reise zum Tabellenführer nach Mülheim auf dem Programm steht.