Mit einer Energieleistung hat unsere II. Mannschaft die wichtige Auftaktpartie beim SK Nordhorn Blanke mit 4½:3½ gewinnen können und sich damit die ersten zwei Punkte im Kampf um den Klassenverbleib in der 2. Bundesliga West gesichert. Trotz der nominell klaren Favoritenstellung deutete lange alles auf eine Niederlage hin, nachdem ein Solinger Auto den Weg in die Grafschaft nicht gefunden hatte und das Team nur zu sechst antreten konnte … Doch Marcel Kyas, Lorenz Drabke und Markus Schäfer konnten in der Zeitnotphase noch ausgeglichene bis unklare Positionen für sich entscheiden, bevor Jörg Wegerle in der letzten Partie des Tages ein Damenendspiel mit Minusbauern noch Remis hielt und so den entscheidenden halben Zähler rettete.
Wenn es für einen Mannschaftsführer das Musterbeispiel für einen verpatzten Saisonstart gibt, dann durfte Markus Schäfer die praktische Umsetzung dieses Szenarios miterleben, noch bevor überhaupt ein Zug ausgeführt worden war. Kurz vor Beginn des Kampfes bei den Niedersachsen, die als Aufsteiger ihren ersten Zweitliga-Kampf überhaupt bestritten, erhielt Markus die telefonische Kunde, dass ein Fahrzeug mit zwei Solinger Akteuren von seinem Navigationsgerät derartig fehlgeleitet worden war, dass ein Eintreffen bis zum Ende der Karenzzeit sehr zweifelhaft erscheine …
Diese Befürchtung wurde gegen 11:30 Uhr Wirklichkeit und aus zwei Partien mit einem Elo-Übergewicht von jeweils 200 Zählern war ein 0:2-Rückstand geworden. Die ohnehin hoch motivierten Grafschafter erhielten hierdurch natürlich einen weiteren Motivationsschub und spielten in der Folge groß auf. Zyon Kollen (2170) spulte mit den weißen Steinen eine lange Theorievariante im spanischen Abtauschsystem herunter, so dass Thomas Michalczak schon sehr bald nach den kampflosen Verlusten in einem völlig ausgeglichenen Endspiel in ein Remis einwilligen musste. Nicht viel besser stellte sich die Lage bei Daniel Schlecht dar, dessen Gegner Wolfgang Andre (2202) in einem Tarrasch-Franzosen ein interessantes Bauernopfer angebracht hatte, für das er so viel Initiative erhielt, dass Daniel ebenfalls bald ins Remis einwilligen musste, bevor er begann, schlechter zu stehen.
In der vierten Spielstunde waren bei einem Rückstand von 1:3 leider in den verbleibenden Partien kaum Vorteile zu erkennen. Doch das noch aktive Quartett kämpfte vorbildlich und schaffte tatsächlich die Wende: Der frisch gebackene NATO-Meister Lorenz Drabke wies mit Schwarz gegen FM Paul Bierenbroodspot (2176) eine ungefähr ausgeglichene Stellung auf, bei der er sich jedoch ambitionierte Hoffnungen durch den langfristigen Trumpf seines Läuferpaares machte. Diesen Plan konnte er optimal umsetzen, so dass Lorenz gegen seinen niederländischen Kontrahenten den ersten Solinger Sieg des Tages erzielen konnte.
Für den Ausgleich sorgte Teamchef Markus Schäfer, der in einem Najdorf-Sizilianer gegen Alexander Baisakow (2204) in Anbetracht des Rückstandes die Stellung vermutlich nicht völlig korrekt verschärft hatte, sich aber schließlich in den daraus resultierenden Verwicklungen bei beiderseits knapper Bedenkzeit besser zurecht fand und einen eminent wichtigen vollen Zähler einfahren konnte. Marcel Kyas hatte in einer spanischen Abtauschvariante gegen Ludger Höllmann (2157) absolut nichts aus der Eröffnung herausgeholt und durfte seine Hoffnungen daher hauptsächlich auf die heftige Zeitnot seines Gegners stützen. Dieser hielt dem Druck tatsächlich nicht stand und übersah einen taktischen Trick, der entscheidendes Material zu unserer Führung kostete.
Doch die Wende war noch nicht vollständig geschafft, denn Jörg Wegerle hatte gegen Koen Lambrechts (2245) einen uninspirierten Tag erwischt und war aus einer improvisierten Reti-Eröffnung heraus mit den weißen Steinen schrittweise in Nachteil geraten, da er mannschaftsdienlich stets dem völligen Verflachen der Stellung ausgewichen war. So hatte er nach der Zeitkontrolle ein schwieriges Damenendspiel mit Minusbauern zu verwalten. Doch im Endspiel läuft Jörg bekanntlich immer zu Hochform auf und so rettete er zum wiederholten Male nach etwas über 5½ Stunden seine Stellung zum entscheidenden Remis, das den sehr glücklichen 4½:3½-Sieg sicherstellte.
Nachdem wir also mit einem blauen Auge und zumindest zwei Mannschaftspunkten vom Gastspiel in Niedersachsen zurückgekehrt sind, bleibt für das nächste wichtige Heimspiel gegen Erstliga-Absteiger Hansa Dortmund weniger an der schachlichen Kampfkraft, die absolut überzeugend war, sondern eher an der vorherigen Organisation zu arbeiten. Zumindest sollte der Weg ins Schachzentrum so bekannt sein, dass dann 8 SG-Akteure an den Brettern sitzen werden …