Mit einem leistungsgerechten 4:4 gegen den Hamburger SK rundete unser Bundesliga-Team ihr erfolgreiches Auftaktwochenende in Bremen ab. Das Duell der beiden Schach-Bundesliga-Gründungsmitglieder verlief sehr ausgeglichen und ohne größere Höhepunkte, so dass das Ergebnis nach dem gestrigen Marathon-Kampf diesmal bereits vor der ersten Zeitkontrolle feststand.
Bezeichnender Weise waren die beiden einzigen entschiedenen Partien auch das Resultat von zwei »Blackouts«. Predrag Nikolic profitierte von einer Zugverwechslung von GM Sune Berg Hansen (2567), der seinen hängenden Springer »vergaß«. Auf der anderen Seite platzierte IM Dirk Sebastian (2449) gegen Michael Hoffmann einen vermeintlichen taktischen Schlag, der allerdings mit einem Springerrückzug widerlegt werden konnte, was Michael jedoch entging, so dass seine Position wenig später nicht mehr zu halten war.
Das Duell der beiden Bundesliga-Gründungsmitglieder führte zwei selbstbewusste Mannschaften zusammen, da die Hamburger am Vortag gegen Trier ebenso wie wir gegen Bremen einen nicht unbedingt zu erwartenden Sieg eingefahren hatten. Was folgte, war ein ungewöhnlich kurzer Kampf, in dem an nahezu allen Brettern modernes Schach in der Form gezeigt wurde, dass solide schwarze Eröffnungssysteme den weißen Anzugsvorteil schnell neutralisierten. Dabei kam es zu einem kleinen Thematurnier in (halb)-slawischen Stellungstypen, die gleich an fünf Brettern diskutiert wurden.
Bereits unmittelbar nach Überschreiten der Mindestzugzahl von 20 wurde im Duell von Erwin L’Ami gegen seinen langjährigen Vereinskollegen GM Sipke Ernst (2573) Frieden geschlossen. Mit dem in diesem Stellungstyp häufigen taktischen Motiv 11…Sc5 glich »Spike« sofort aus, so dass nach Generalabtausch diverser Figuren Remis vereinbart wurde. Der Hamburger Bundesliga-Neuling Martyn Kravtsiv (2609) wurde am Spitzenbrett offenbar vom Marschall-Angriff überrascht, da Markus Ragger andere Spanisch-Varianten deutlich häufiger anwendet. So verbrauchte der Ukrainer bereits ausgangs der Eröffnung sehr viel Bedenkzeit, fügte sich dann aber schnell in ein Remis durch Zugwiederholung.
Völlig überraschend kam dann die Führung für uns zustande: GM Sune Berg Hansen (2567) hatte keine Probleme gehabt, mit seinem Halbslaven gegen die sehr zahme Eröffnungsbehandlung von Predrag Nikolic auszugleichen, als er nach einem Abtausch sofort mit einem weiteren Bauerntausch fortsetzte, ohne zuvor seinen nun angegriffenen Springer wegzuziehen. Nach dieser geschenkten Führung durch das Mißgeschick des Dänen gab es weitere erfreuliche Kunde für Kapitän Herbert Scheidt, als Mads Andersen einen halben Zähler gegen GM Lubomir Ftacnik (2546) erreichte. Der slowakische Bundesliga-Dauerbrenner des HSK, der als einer der größten Grünfeld-Indisch-Experten weltweit gilt, hatte gegen das 5. Ld2-System unseres dänischen Youngsters sehr dynamisches Gegenspiel erreicht, so dass Mads sehr genau spielen musste, um nicht in Nachteil zu geraten und auch froh war, dass Ftacnik auf ein interessantes Qualitätsopfer verzichtete.
Weniger aufregend verlief das nächste Halbslawisch-Duell, in dem Alexander Naumann mit sehr solidem Schach ein unproblematisches und leistungsgerechtes Remis gegen IM Rasmus Svane (2458) erreichte. Auch Jan Smeets vertraute auf die Solidität der slawischen Verteidigung, wählte gegen die e3-Variante von GM Robert Kempinski (2585) allerdings das 4…Lg4-System. Dadurch entstanden zwar gänzlich andere Stellungsbilder mit dem typischen Kampf von weißem Läuferpaar gegen bessere schwarze Struktur und schließlich beidseitig langen Rochaden, letztlich konnte aber ein fast identisches Fazit wie bei Alex gezogen werden. Nach sehr ausgeglichenem Verlauf mündete die Partie in ein korrektes Remis durch Zugwiederholung.
Neben diesen diversen doch sehr positionellen Partien gab es das schärfste Duell am 7. Brett zu sehen: dort war IM Dirk Sebastian (2449) für den am Samstag aktiven GM Karsten Müller in die Hamburger Mannschaft gerückt. Michael Hoffmann blieb seinem traditionellen Najdorf-Sizilianer treu und es entwickelte sich ein interessanter Schlagabtausch im scharfen Sozin-System mit 6. Lc4, bei dem das dynamische Gleichgewicht jedoch immer gewahrt blieb. Bei bereits beiderseitig knapper Bedenkzeit zauberte Sebastian dann mit 25. Td8 einen spektakulären Angriffszug aufs Brett. Der Turm war selbstverständlich nicht zu nehmen, doch hätte der vorschnelle Angriff durch den Springerrückzug 25… Se8 widerlegt werden können, was in Anbetracht der unglücklich platzierten, nun angegriffenen weißen Dame und seiner Grundreihenschwäche zu schwarzem Materialgewinn geführt hätte. Doch leider übersah Michael diese Riposte, wonach sich der weiße Angriff unproblematisch zu Ende spielen und zum vollen Zähler verdichten ließ.
Nach diesem Ausgleich einigten sich bald auch Jörg Wegerle und IM Merlijn van Delft (2425) in einem völlig ausgeglichenen Springerendspiel auf Remis, womit das 4:4 perfekt war. Mit diesem Unentschieden lässt sich vor allem in Anbetracht der 3:1 Zähler des Wochenendes gut leben, wenn man berücksichtigt, dass wir eigentlich keine bessere Stellung in diesem Kampf besaßen. Die Solinger Schach-Fans freuen sich jetzt bereits auf den 23./24.11., wenn in der Stadt-Sparkasse der SC Eppingen sowie Bayern München zu Gast sein werden.