Zum fünften Mal seit 2006 ist eine Mannschaft unseres Vereins beim European Club Cup, der »Champions League« des Schachs am Start. In diesem Jahr findet der Wettbewerb vom 20.–27.10.2013 auf Rhodos statt. Wie üblich besteht der Kern unseres Teams aus Akteuren der II. und III. Mannschaft, wobei wir in diesem Jahr erstmals keinen Großmeister dabei haben. Folglich sind wir im Feld der 53 Mannschaften aus 25 Nationen nur an Position 33 gesetzt und trafen daher in der ersten Runde auf das nominell siebtstärkste Team aus Padua. Zwar verzichteten die Italiener auf ihr Spitzenbrett Hikaru Nakamura, wiesen aber dennoch einen fast 300 Zähler besseren Elo-Schnitt auf. Doch wir zeigten hartnäckigen Widerstand und erreichten mit einer 2:4-Niederlage einen bemerkenswerten Achtungserfolg, selbst wenn Milon Gupta bei seinem Sieg von einem unglücklichen Blackout seines Kontrahenten IM Danyyil Dvirnyy (2568) profitierte.
Nach einer reibungslosen Anreise am Freitag und etwas Sightseeing am Samstag bei herrlichem sonnigen Wetter und Temperaturen um 25 Grad haben wir uns in unserem kleinen, aber feinen Hotel, das ca. 3 km vom Turnierhotel entfernt liegt, gut eingelebt und gingen heute trotz der klaren Außenseiter-Rolle optimistisch in unsere erste schachliche Aufgabe des Turniers. Die Spielbedingungen im großen Turniersaal des Herren-Turniers sind akzeptabel, auch wenn der Saal sich sehr schnell erwärmte und die Luft entsprechend stickig war.
Bereits frühzeitig wurde deutlich, dass der italienische Spitzenclub für den angestrebten Kantersieg zum Auftakt würde hart arbeiten müssen, da sich an vielen Brettern recht ausgeglichene und komplexe Partien entwickelten. So erreichte Thomas Michalczak mit Schwarz in einem ruhigen Italiener gegen GM Michele Godena (2514) Ausgleich und spielte auch das Mittelspiel sehr präzise, so dass Godena sich in Zeitnot genötigt fühlte, das Remis mit einem Übergang in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel zu forcieren, das dann auch direkt im 41. Zug vereinbart wurde. Hier auf Rhodos gelten nämlich die sogenannten »Sofia-Regeln«, so dass Remisvereinbarungen erst nach dem 40. Zug erlaubt sind.
Kurze Zeit später gerieten wir durch eine Niederlage von Oliver Kniest gegen GM Daniele Vocaturo (2557) in Rückstand. In einer Benoni-Struktur reagierte Olli auf eine Neuerung suboptimal, so dass Schwarz leichte Initiative bekam. Als Folge verbrauchte er viel Bedenkzeit und stellte in Zeitnot etwas unnötig die Partie ein. Deutlich bessere Chancen auf einen zählbaren Erfolg besaß Andreas Peschel gegen IM Alessio Valsecci (2440). Aus einem Barry-Angriff erhielt Andreas mit Weiß gutes Spiel, so dass der junge Italiener seine Hoffnungen auf eine etwas spekulative Initiative setzte und einen Bauern am Damenflügel opferte. Objektiv hielten sich die dynamischen Vor- und statischen Nachteile ungefähr die Waage, doch Andreas fand leider nicht die genaueste Verteidigung und lief in einen Mattangriff hinein.
Jörg Wegerle versuchte es gegen GM Pentala Harikrishna (2709) mit der soliden französischen Fort Knox-Variante und wollte dann ausgangs der Eröffnung etwas zu ambitioniert die Initiative zu übernehmen, was jedoch nicht wie gewünscht funktionierte. So musste er schließlich schrittweise dem Druck des weißen Läuferpaares Tribut zollen, was der indische Topspieler mit makelloser Technik zum Siegtreffer für Padua nutzte. Dagegen gelang Markus Schäfer eine ganz saubere Punkteteilung gegen GM Kiril Georgiev (2664). In einer anspruchslosen Italienisch-Variante verflachte die Stellung sehr schnell, so dass es dem Bulgaren trotz hartnäckiger Bemühungen nicht mehr gelang, die Stellung zu verkomplizieren, sondern vielmehr Markus aus der Position der Stärke ein verdientes Remis erreichte.
Milon Gupta hatte mit Schwarz gegen das Anti-Grünfeld-System von IM Danyyil Dvirnyy (2568) zunächst eine sehr solide Stellung erreicht, landete jedoch nach einigen Ungenauigkeiten in einem perspektivlosen Doppelturm + Läufer-Endspiel mit einigen Bauernschwächen. Diese bearbeitete der Italiener in der Folgezeit mustergültig und spielte schrittweise eine Gewinnstellung mit zwei Mehrbauern heraus, als er nach über 5 Stunden einer völligen Schachblindheit erlag und einzügig einen Turm einstellte, was uns den schmeichelhaften Ehrentreffer zum 2:4 bescherte, der auf der anderen Seite eine kleine Belohnung für die ansprechende spielerische Gesamtleistung des Teams darstellte.
Morgen kommt es in Runde 2 zum spannenden Duell mit dem nominell nahezu gleichwertigen holländischen Team aus Apeldoorn.
Ergebnisse und Partien unter euro2013.chessdom.com