Gleich vier Spieler des 10 Akteure umfassenden Stammkaders unserer Jugend-Bundesliga-Mannschaft standen für das schwere Auswärtsspiel in Paderborn nicht zur Verfügung, wo wir im Vorjahr nahezu in Bestbesetzung nur sehr glücklich gewonnen hatten. Doch unsere Jung-Talente ließen sich weder durch die Personalnot noch durch unsere aufgrund eines Suizid-Versuchs verspätete Ankunft in Ostwestfalen irritieren, sondern boten die mit Abstand beste spielerische Leistung dieses Kalenderjahres, was mit einem hochverdienten 19:13-(5½: 2½)-Erfolg belohnt wurde. So war es kein Wunder, dass die Stimmung auf der Rückfahrt trotz erneuter Verspätungen der deutschen Bahn in Anbetracht der verteidigten Tabellenführung exzellent war.
Nach dem souveränen Auftakt in Raesfeld hatten sich die Personalplanungen für das zweite Saisonspiel äußerst schwierig gestaltet, so dass der Jugendwart erst am Freitag durch das kurzfristige Einspringen von Oliver Littek, für das ihm an dieser Stelle nochmals gedankt sei, eine vollständige Mannschaft vermelden konnte. Zudem konnte von einer nominellen Favoritenstellung durch unsere Ausfälle auch nicht mehr die Rede sein, da die nahezu in Bestbesetzung angetretene Mannschaft von Paderborn an den beiden letzten Brettern über deutliche DWZ-Vorteile verfügte und damit unser leichtes Übergewicht an den anderen 6 Brettern vollauf kompensierte.
Leider musste Oliver Littek sich auch nach etwa 2½ Stunden geschlagen geben, da er in der Eröffnung etwas nervös agiert und so taktische Verwicklungen zugelassen hatte, die ihm letztlich nur zwei Bauern für eine Figur einbrachte, was später nicht mehr zu kompensieren war. Dafür spielte sein Teamkollege aus der zweiten Jugendmannschaft, Niklas Nink, stark auf und erzielte seinen ersten Sieg in der Jugend-Bundesliga. In einem beschleunigten Drachen besaß er als Weißer stets leichtes Druckspiel und nutzte dann eine Ungenauigkeit seines fast 200 DWZ-Punkte besseren Kontrahenten zum Qualitätsgewinn, den er wenig später in einen vollen Zähler umwandeln konnte.
Noch deutlich vor der Zeitkontrolle konnten wir dann die Führung durch die zweifellos beste Partie des Tages vermelden: Jan Hobusch riß in einem angenommenen Damengambit nach einem passiven Zug seines Gegners früh mit Schwarz die Initiative an sich und hielt mit strengem Positionsschach den weißen König in der Brettmitte, so dass dieser sich in Anbetracht von 2 Minusbauern und einer hoffnungslosen Position bereits nach knapp 20 Zügen seinem Schicksal ergab. Eine taktisch extrem komplizierte Königsindisch-Partie konnte man am Spitzenbrett bewundern, wo Jerome Neumair in der Schlussstellung zwar eine Qualität und zwei zusätzliche Mehrbauern besaß, dennoch aber gerne die Remisofferte seines Gegners akzeptierte, da seine Position in Anbetracht der perfekt harmonierenden schwarzen Figuren und Jeromes traditionell drohender Zeitnot sehr schwer zu spielen war.
Für mehr als eine Vorentscheidung sorgte dann ein sehr konzentriert agierender Seva Bashylin. Mit einem harmlos aussehenden Damenbauerspiel lockte er seinen nach DWZ deutlich favorisierten Kontrahenten in eine Position, die Seva exzellent kennt, was ihm im frühen Mittelspiel einen Bauerngewinn einbrachte. Zwar besaß sein Gegner in einem verschachtelten Doppelturmendspiel in Anbetracht der ungleichfarbigen Läufer noch gewisse Remisaussichten, doch Seva wartete geduldig auf seine Chance und nutzte eine Öffnung der Stellung mit einer kleinen Kombination zu einem Qualitätsgewinn, so dass sein Kontrahent im 40. Zug die Zeit überschritt, als die Stellung ohnehin technisch verloren war.
Für den Siegtreffer sorgte schließlich Daniel Reksten, der in einer Katalanisch-Struktur stets eine leichte Initiative behielt, bevor ihm ein taktisches Versehen seines Gegners eine Mehrfigur einbrachte. So konnten wir auch verkraften, dass sich Jan Porstmann wenig später geschlagen geben musste. Er hatte gegen den Grand-Prix-Angriff seines Gegners niemals vollständigen Ausgleich erlangt und musste schließlich in der Zeitnotphase entscheidende Materialverluste hinnehmen.
Den Schlusspunkt setzte diesmal Kevin Zolfagharian, der als Schwarzer in einem geschlossenen Sizilianer sehr geduldiges Positionsschach demonstrierte und kleine Vorteile so lange anhäufte, bis er in der Zeitnotphase die Ernte in Form von entscheidendem Materialgewinn einfahren konnte. Damit war der in dieser Höhe absolut unerwartete 19:13-(5½: 2½)-Sieg perfekt.
Am 26.01.2014 kommt es nun im Schachzentrum bei unserem ersten Heimspiel zum Spitzenspiel mit dem amtierenden NRW-Meister SG Porz. Es wäre der Mannschaft zu wünschen, wenn sie dann an die wirklich exzellente spielerische Vorstellung aus Paderborn anknüpfen könnte.