Der Siegtorschütze zu unserem letzten WM-Titel Andreas Brehme formulierte einst ebenso philosophisch wie plastisch die Fußball-Weisheit “Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß”. In den letzten zwei Monaten dieser Saison musste unsere III. Mannschaft erfahren, dass diese Erkenntnis in einer angepassten praktischen Ausgestaltung – die sich jeder Leser selbst überlegen mag – auch im Schach analogiefähig ist. So wurde im letzten Saisondrittel mehrfach der noch fehlende Zähler zum Klassenerhalt in der NRW-Klasse durch eine Kombination von miserabler Chancenauswertung und oft großer Personalnot verpasst.
Beim Stichkampf um den Klassenerhalt in Iserlohn fielen diesmal gleich 5 Stammspieler aus, so dass wir nur zu siebt antraten und der einzige Sieg des Tages von Anton Hannewald zuwenig war, um die verdiente 3:5-Niederlage und den damit verbundenen Abstieg zu verhindern.
Durch den vollständigen Rückzug der ersten Mannschaft des SV Wattenscheid war nach Saisonende noch ein Platz in der NRW-Klasse frei geworden, was uns die Möglichkeit bot, mit einem Sieg gegen den Tabellenachten der anderen Gruppe, Königsspringer Iserlohn, den Klassenerhalt doch noch perfekt zu machen. Doch die Freude über diese unverhoffte Chance währte bei Mannschaftsführer Oliver Kniest nur kurz, denn kurze Zeit später stand bereits fest, dass neben dem in der Bundesliga festgespielten Jan Hobusch auch noch der gesamte spielstarke »Jugend-Block« mit Alexander Hobusch, Jerome Neumair und Kevin Zolfagharian aus unterschiedlichen Gründen ausfallen würde. Als einige Tage vor dem Kampf auch noch Martin Auer aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, war zudem bereits das gesamte Kontingent verfügbarer Ersatzspieler aus der IV. Mannschaft ausgeschöpft, so dass wir wegen der parallel noch um Aufstieg und Klassenerhalt kämpfenden Fünften und Sechsten mit nur sieben Spielern den Weg nach Südwestfalen antraten.
Auch die Gastgeber mussten auf zwei Stammkräfte verzichten, so dass sich an sieben Brettern nur leichte DWZ-Vorteile für Iserlohn ergaben, wir aber vor allem mit der Hypothek des Ein-Punkte-Rückstands leben mussten. Die gesamte Mannschaft bot in Anbetracht dieser suboptimalen Ausgangslage jedoch eine kämpferisch absolut tadellose Leistung, doch wieder einmal sollten die sich bietenden Chancen nicht genutzt werden. Die Entscheidung gegen uns fiel vermutlich bereits in den einzigen beiden Partien, die vor der Zeitkontrolle beendet waren: Ali Erkay erreichte eine katalanische Traumstellung, bei der er in einer weitgehend symmetrischen Struktur mit seinen Türmen die offene d-Linie und mit seinem katalanischen Läufer auf g2 die lange Diagonale dominierte. Doch statt die Stellung zunächst noch weiter zu verstärken, ging er direkt auf Bauernfang, was seinem Gegner Gegenspiel eröffnete, so dass die Position bald zum Remis verflachte. Einen ähnlichen Verlauf nahm unsere Weiß-Partie am Spitzenbrett, wo Oliver Kniest mit klaren Stellungsvorteilen aus der Eröffnung gekommen war. Doch statt diese in einen forciert möglichen Bauerngewinn umzumünzen, fand er trotz knapp 30minütiger Auszeit nichts Besseres als eine Abwicklung, die seinem Gegner so exzellentes Gegenspiel einräumte, dass Olli später sein Läuferpaar dazu nutzen musste, um mit einem Minusbauer den Übergang in ein Remis-Endspiel zu forcieren.
Dadurch wurden zwei wichtige halbe Zähler verpasst, die dem Kampf eine völlig andere Dynamik hätten geben können. Ralph Blasek war als Weißer in einem Vorstoß-Franzosen nicht gut aus der Eröffnung gekommen, nachdem sein Gegner mit einem Figurenopfer ein massives Zentrum mit drei Bauern errichtet hatte. Dennoch initiierte Ralph gewohnt erfindungsreich Gegenspiel gegen den schwarzen König, das ihm zumindest einen halben Zähler durch Dauerschach hätte einbringen können. In Anbetracht des 1:2-Rückstands wich er diesem jedoch aus und musste kurz nach der Zeitkontrolle aufgeben, da nun gegen einen der inzwischen auf die 2. Reihe vorgestoßenen Bauern keine Verteidigung mehr gegeben war. Damit war der Abstieg nahezu endgültig besiegelt, selbst wenn Anton Hannewald aus zwischenzeitlich etwas verdächtig erscheinender Stellung seinen Kontrahenten mit Schwarz in einem Königsinder sehenswert ausgetrickst hatte und wieder für den 2:3-Anschlusstreffer sorgte.
Denn Dirk Schockenbäumer besaß in einem Turmendspiel mit zwei Minusbauern nur minimale Rettungschancen, die er jedoch mit zäher Verteidigung und seiner bekannt guten Endspieltechnik tatsächlich realisieren konnte, nachdem sein Gegner an einigen Stellen nicht den besten Zug gefunden hatte. Doch auch dieser halbe Zähler half nichts mehr, da Joachim Görke in einer trotz frühem Damentausch sehr spannenden Kampfpartie mit heterogen vorhandenen Freibauern nach einer Fehleinschätzung auf die Verliererstraße geraten war, da sich der gegnerische Freibauer zuerst umwandeln konnte und schließlich für die Entscheidung sorgte.
Zum Abschluss kämpfte noch Andreas Peschel, der für seinen zwischenzeitlichen Minusbauern exzellente Kompensation erhalten und Remis abgelehnt hatte. Leider fehlte ihm an einer entscheidenden Stelle kurz vor dem 40. Zug die Zeit, so dass er nach einer suboptimalen Fortsetzung sich in einem schwierigen Läufer-Endspiel noch zum Remis abmühen musste, was ihm schließlich durch ein Läuferopfer gelang, durch das seinem Kontrahenten nur noch ein a-Bauer und der »falsche« Läufer verblieben und das Remis zum 3:5-Endstand unterschriftsreif war.
Somit steigt die III. Mannschaft erstmals seit 2003 wieder auf die Niederrhein-Ebene ab, wo im kommenden Jahr in der Regionalliga der direkte Wiederaufstieg gelingen soll.