Die 41. Schach-Olympiade in Tromsö endete mit einigen Überraschungen. In der sehr ausgeglichenen Offenen Gruppe blieb Topfavorit Rußland wieder einmal ohne Medaille ebenso wie die Sieger der letzten Turniere Armenien und Ukraine. Vielmehr holten sich die sehr kompakt und solide agierenden Chinesen verdient und als einziges Team ungeschlagen erstmalig die Goldmedaille mit 19:3 Punkten vor den von Peter Leko angeführten Ungarn, bei denen Judit Polgar das letzte Turnier ihre großartigen Schach-Karriere spielte und während der Olympiade ihren Rücktritt bekannt gab. Eine kleine Sensation war die Bronzemedaille der ohne Anand und Harikrishna spielenden Inder, die allerdings in den letzten Runden auch das Auslosungsglück auf ihrer Seite hatten.
Die Teams unserer SG-Spieler werden ähnlich wie unsere deutsche Nationalmannschaft, die nach einem durchwachsenen Turnier mit Platz 30 zufrieden sein musste, nur mäßig begeistert die Heimreise antreten. Dafür konnten unsere beiden Spitzenbretter Markus Ragger und Erwin L’Ami jeweils eine Elo-Performance über 2700 erzielen und spielten individuell ein starkes Turnier.
Besonders Erwin L’Ami zeigte sich nach seinen schwächeren Leistungen bei den Turnieren im Juli wie ausgewechselt und präsentierte sich in exzellenter Verfassung. Er blieb ungeschlagen und holte glänzende 7½/10, was mit einer Performance von 2745 die achtbeste Leistung am 2. Brett darstellte. Damit konnte Erwin 16 Elo-Punkte wieder hinzu gewinnen und trug maßgeblich dazu bei, dass die Niederlande bis zur 10. Runde um die Medaillen mitspielten, bevor eine bittere Niederlage gegen die Überraschungsmannschaft aus Usbekistan sie aus dem Rennen warf. Am Ende landeten sie auf Platz 12 im Rahmen ihrer Elo-Erwartung.
Ein sehr kämpferisches Turnier spielte Markus Ragger, der mit 8½/11 am Spitzenbrett überzeugte und dabei nur ein einziges Remis spielte. Individueller Höhepunkt war dabei sicherlich der Sieg über den starken Moldavier Viktor Bologan (2654). Leider waren seine Teamkollegen nicht in ähnlich guter Form, so dass die Österreicher mit 12:10 Punkten auf Platz 62 als Nummer 41 der Setzliste etwas unter Wert geschlagen wurden.
Direkter Nachbar der Österreicher sowohl in der Setzliste (Nummer 40) als auch in der Endplatzierung (Rang 61) waren die Dänen, bei denen wenig zusammen lief. Auch Mads Andersen haderte bei seinem Olympia-Debüt mit durchwachsener Form und sehr schlechter Chancenverwertung, so dass er mit 5/8 unter seinen Möglichkeiten blieb und einige Elo-Punkte verlor.
Die Schweiz landete mit 13:09 Zählern exakt auf ihrem Setzlistenplatz 51. Unser Neuzugang Nico Georgiadis hatte mit 5/7 am vierten Brett eine tolle Zwischenbilanz, bevor ihm zwei Niederlagen in Folge, darunter gegen einen unbekannten Spieler aus Malaysia mit Elo 2143 das Turnier etwas verdarben. Dennoch blieb er bei seiner ersten Olympia-Teilnahme mit 5½/10 im Rahmen der Erwartungen.
Die Mannschaft aus Bangladesh landete mit 12:10 Punkten knapp hinter Dänemark und Österreich auf Platz 64. Dabei verwaltete Routinier Ziaur Rahman das Spitzenbrett solide mit 4/9.
Zwei schachlich schreckliche Wochen in Norwegen verlebte dagegen unser Neuzugang Alina L’Ami. Am dritten Brett der rumänischen Damenmannschaft lief bei ihr absolut gar nichts zusammen, so dass sie mit schwachen 2½/7 fast 26 Elo-Punkte einbüsste. Dadurch trug sie auch dazu bei, dass die Rumäninnen hinter den überlegenen Teams aus Russland und China nicht mehr in den Kampf um die Bronze-Medaille eingreifen konnten. Diese ging schließlich an Mitfavorit Ukraine, während Rumänien mit 15:7 Zählern und dem 11. Platz zufrieden sein musste.
Die nächste Schach-Olympiade findet 2016 in Baku statt.
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