Zum Auftakt der 2. Bundesliga West wären die Erwartungen unserer II. Mannschaft für das Duell mit dem Seriensieger SG Porz ohnehin gering gewesen. Durch die Ausfälle zahlreicher Stammspieler verschäfte sich die Außenseiterposition aber noch einmal deutlich, so dass im Schnitt ein Elo-Defizit von fast 400 Zählern kompensiert werden musste. Umso erfreulicher war es, dass eines unserer Jungtalente bei dieser Gelegenheit groß aufspielte: Kevin Zolfagharian nutzte eine Ungenauigkeit von Stanislav Korotkjevich (2395) im frühen Mittelspiel, um mit Schwarz in einer ruhigen Slawisch-Position die Initiative an sich zu reißen, ließ den Weißen mit einem Springer-Einschlag auf f2 nicht mehr zur Rochade kommen und fuhr nach etwa 30 Zügen absolut verdient den vollen Zähler zur 1:0-Führung ein. Dadurch wurden die Domstädter offenbar ein wenig gereizt, da sie uns im Anschluss keinen weiteren halben Zähler zugestanden, so dass es am Ende schließlich standesgemäß 1:7 stand.
Unsere Personalnot resultierte unter anderem aus der Überschneidung mit dem Europapokal in Bilbao, durch den Jörg Wegerle und Markus Schäfer passen mussten, während die Porzer deshalb Spitzenbrett Loek van Wely ersetzen musste. Während sie dennoch 6 GM und 1 IM aufbieten konnte, standen bei uns erstmals drei Jugendliche in der Mannschaft. Nach der tollen Partie von Kevin musste sich wenig später Amina Sherif gegen IM Vitalij Malykin (2388) geschlagen geben, nachdem dieser in den aus einer Modernen Verteidigung herausbeschworenen Verwicklungen die Oberhand gewonnen hatte.
Etwas unglücklich war die Weiß-Niederlage von Thomas Lemanczyk gegen GM Arkadij Rotstein (2497), in der aus einer königsindischen Nebenvariante eine Art Wolga-Struktur entstanden war, in der die schwarze Kompensation für den geopferten Bauern allerdings zweifelhaft war. Doch Thomas wählte einen verfehlten Plan und besiegelte in einer bereits schlechteren Position mit einem Fingerfehler seine Niederlage. Jan Hobusch kam nicht zufriedenstellend gegen GM Erik van den Doel (2554) aus der Eröffnung, so dass der Holländer gegen die Caro-Kann-Verteidigung immer sehr unangenehmes positionelles Druckspiel besaß, den er schließlich zu einem entscheidenden Bauerngewinn nutzte und diesen im Endspiel verwertete.
Schach-Legende GM Jan Timman (2610) demonstrierte am Spitzenbrett gegen Daniel Schlecht, dass eine schlecht stehende Figur eine gesamte Position verderben kann. Aus einer ruhigen Reti-Stellung strandete nach einer Fehlkalkulation von Daniel sein schwarzer Läufer auf b4 und musste vom eigenen Bauern auf c5 blockiert mit ansehen, wie sein aktiver weißer Gegenpart auf b2 im Zusammenspiel mit den anderen weißen Figuren einen nicht zu stoppenden Angriff gegen den weißen König initiierte. Thomas Michalczak besaß nach frühem Damentausch im Mittelspiel minimalen Vorteil gegen GM Vladimir Baklan (2655), doch ein verfehltes Manöver nutzte der Ukrainer zum sofortigen Gegenspiel und ging aus dem taktischen Schlagabtausch mit einem gewonnenen Turmendspiel hervor.
Somit stand es nach der Zeitkontrolle 5:1, aber es dauerte bis in die 6. Spielstunde, bevor weitere Entscheidungen fielen: Nikolaj Krieg hatte seine passive und stets etwas schlechtere Position gegen GM Igor Khenkin (2574) sehr umsichtig verteidigt und in der Zeitknappheit des ehemaligen deutschen Meisters sogar etwas Gegenspiel gelangt, bevor ihn ein Blackout um die Früchte der vorherigen guten Partie brachte. Zum Abschluss musste dann noch Milon Gupta die exquisite Endspiel-Technik von GM Christopher Lutz (2554) anerkennen, der dank seiner beiden Freibauern am Königsflügel sich mit seiner Dame gegen Milons Türme durchsetzen konnte, so dass der Endstand von 1:7 perfekt war.
Am 19.10. steht beim Gastspiel in Wiesbaden das erste wichtige Duell im Kampf um den Klassenerhalt an.