Mit einem überraschenden, sehr hart erkämpften und glücklichen 13:11 (3½:2½) bei der SG Bochum 31 hat unsere U20 trotz personeller Probleme nicht nur den ersten Saisonsieg einfahren können, sondern zugleich einen riesigen Schritt zum Klassenerhalt in der Jugendbundesliga gemacht. Im »Keller-Duell« waren diesmal Jan Porstmann und Philipp Nguyen die Helden des Tages, da sie ihre nominell deutlich stärkeren Gegner bezwingen konnten, bevor Jan Hobusch mit seinem Sieg in der letzten Partie den ersten U20-Sieg unserer Jugend gegen Bochum überhaupt sicherstellte.
Seit nahezu 30 Jahren gehört die SG Bochum 31 um Jugendwart Norbert Franke zu den dominierenden Vereinen im NRW-Jugendschach und konnte dabei unzählige deutsche und Landesmeistertitel einfahren. In den letzten Jahren bröckelte die Vormachtstellung zwar etwas, dennoch gingen die Bochumer auch in diesem Jahr als Nummer 3 der Setzliste in die Jugendbundesliga-Saison. Es folgte jedoch eine »Seuchen«-Spielzeit, in der sie in den ersten vier Kämpfen lediglich ein Unentschieden erzielen konnten.
Da es unserer U20 bisher nicht besser erging, kam dem direkten Duell auch mit Blick auf das schwere Restprogramm schon vorentscheidende Bedeutung im Kampf um den rettenden 6. Tabellenplatz zu. Leider hatten wir wieder einmal mit Personalsorgen zu kämpfen, da Daniel Reksten kurzfristig zum Wochenend-Pflegedienst im Rahmen seines Medizinpraktikums eingeteilt wurde und auch keiner der anderen Stammspieler oder der Spitzenbretter der U20 II als Ersatz zur Verfügung stand.
So feierte der Topscorer der 3. Bezirksklasse, der 12jährige Howik Manukjan, sein Debüt in der höchsten deutschen Jugendklasse, wobei ihm auf diesem Wege noch einmal herzlich für seine kurzfristige Einsatzbereitschaft gedankt sei. Die Gastgeber traten dagegen nahezu in Bestbesetzung an und waren aufgrund ihrer klaren DWZ-Vorteile an den hinteren drei Brettern favorisiert. In der Tat agierte Howik noch zu nervös und musste sich frühzeitig nach Figurenverlust geschlagen geben.
An den anderen Brettern wurde jedoch verbissen gekämpft und die nächste beendete Partie sollte es erst kurz vor der Zeitkontrolle geben. Amina Sherif spielte einen grundsoliden Tarrasch-Franzosen, in dem das Stellungsgleichgewicht niemals ernsthaft gestört wurde, so dass ihr Remis auch das folgerichtige Ergebnis darstellte. Bedeutend spektakulärere Stellungsbilder gab es dagegen bei Jan Porstmann und Philipp Nguyen zu verzeichnen.
Jan hatte gegen seinen fast 400 DWZ-Punkte stärkeren Gegner mit Schwarz die grundsolide Lasker-Verteidigung im Damengambit gewählt, in der Eröffnung jedoch einen Zug vergessen, so dass er schnell in eine sehr schlechte Stellung geriet. Sein Kontrahent forcierte die Geschehnisse jedoch extrem und opferte eine Qualität für einen heftigen Königsangriff, durch den Jans König relativ schutzlos ins Zentrum laufen musste. Wie üblich hatte Jan zudem in dieser schwierigen Stellung mit nicht unerheblicher Zeitnot zu kämpfen, behielt jedoch die Nerven und opferte mit seinem 40. Zug eine Figur, was ihm genügend Chancen auf Dauerschach bieten sollte. Sein Gegner wollte sich mit diesem Ergebnis aber nicht abfinden und spielte mit der Brechstange auf Gewinn, übersah allerdings einen Verteidigungszug, durch den Jan die Damen tauschen und gleichzeitig das geopferte Material zurück gewinnen konnte, so dass er nach der Zeitkontrolle ein Endspiel mit Mehrqualität besaß.
Parallel hatte Philipp seinen 250 Zähler stärkeren Gegner mutig mit dem französischen Flügelgambit attackiert und dafür die übliche leichte Kompensation erhalten. Bei beiderseits geringer werdender Bedenkzeit schraubte er dann das Risiko deutlich höher und opferte noch zwei weitere Bauern für Angriffschancen gegen den in der Mitte stecken gebliebenen schwarzen König. Sein Mut sollte sich auszahlen: sein Gegner fand bei knapper Zeit nicht die beste Verteidigung und Philipp Nguyen konnte schließlich sein Material mit großen Zinsen zurück gewinnen, was uns nach exakt vier Stunden den wichtigen Ausgleich bescherte. Wenig später hatte auch Jan Porstmann die noch verbliebenen technischen Probleme der Stellung gemeistert und sorgte mit der zweiten großen individuellen Überraschung des Tages sogar für die Führung.
Nun schien der erste Sieg gegen die SG Bochum 31, gegen die wir in den letzten 10 Jahren jedes Duell in der U20 verloren hatten, tatsächlich möglich, zumal wir an den beiden Spitzenbrettern nominell favorisiert waren. Doch Kevin Zolfagharian hatte mit Schwarz in einer Nebenvariante eines Rossolimo-Sizilianers keinen vollständigen Ausgleich erzielen können und war schließlich, nachdem er zwischenzeitlich hinreichendes Gegenspiel aufgebaut hatte, in der Zeitnotphase wieder auf Abwege geraten, so dass er nur einige Züge später seine hoffnungslose Stellung mit Minusqualität aufgeben musste.
Somit hing alles von Spitzenbrett Jan Hobusch, der in einer königsindischen Struktur mit Weiß frühzeitig eine strategische Traumstellung erreicht hatte. Gewohnt geduldig verstärkte er schrittweise den positionellen Druck und gewann bei anhaltender vorteilhafter Position einen Bauern. Dann jedoch eine Schrecksekunde: Jan war kurzzeitig unaufmerksam und kassierte zu sorglos einen zweiten Bauern an, wodurch sein Gegner nun mit taktischen Mitteln eine Zugwiederholung hätte forcieren können. Doch heute war zum richtigen Zeitpunkt auch endlich einmal das Glück auf unserer Seite und diese einmalige Chance blieb ungenutzt, so dass Jan wenig später seine dominante Stellung ohne weitere Schwierigkeiten zum Sieg und dem 13:11-(3½:2½)-Endstand ummünzen konnte.
Mit diesem immens wichtigen Erfolg haben wir uns zwei Zähler Vorsprung auf den Abstiegsplatz erarbeitet. Da Bochum zudem in der kommenden Runde spielfrei ist, reicht unserer U20 nun ein Remis aus den letzten beiden Kämpfen, um aus eigener Kraft den Klassenerhalt sicherzustellen.