Mit einem souveränen 6:2-Erfolg gegen den Erfurter SK hat unsere I. Mannschaft den erhofften Start in die Saison mit vier Punkten aus dem ersten Wochenende perfekt gemacht. Nachdem Erwin L’Ami für eine frühe Führung gesorgt hatte, spielte in der Folge insbesondere das »Unterhaus« seine nominelle Überlegenheit aus, so dass die Routiniers Alexander Naumann, Artur Jussupow und Predrag Nikolic mit weiteren Siegen für einen ungefährdeten Erfolg gegen den Aufsteiger sorgten.
Die Thüringer spielen im Kern seit vielen Jahren zusammen und sorgen mit ihrer großen mannschaftlichen Geschlossenheit immer wieder für Überraschungen. Durch die Homogenität überrascht es nicht, dass sie regelmäßig nach einem Abstieg aus der Bundesliga kurze Zeit später wieder den Sprung zurück ins Oberhaus schaffen. Für diese Saison konnten sie sich dank eines neuen Sponsors auch für die Spitzenbretter noch einmal verstärken, was am Vortag beim überraschenden 4:4 gegen die SG Trier bereits erste Früchte getragen hatte.
Unser Oktett war also gewarnt und ging die Aufgabe nach dem tollen Auftaktsieg gegen Schwäbisch Hall mit der notwendigen Konzentration an. Sehr hilfreich ist bei den sogenannten Pflichtaufgaben in der Regel eine frühe Führung, die dem gesamten Team zusätzliche Sicherheit verleiht. Diese ging heute auf das Konto von Erwin L’Ami, der mit IM Oliver Mihok (2515) ausgerechnet den Erfurter Helden des Vortages, welcher den Ausgleich gegen Trier erzielt hatte, mit Schwarz bezwingen konnte. Nach einem wenig ambitioniert vorgetragenen Vierspringerspiel konnte Erwin durch ein ungenaues weißes Manöver mit Schwarz die Initiative übernehmen und schließlich die geschwächte weiße Königsstellung mit einem überfallartigen Angriff aushebeln. Zuvor hatte Markus Ragger bereits remisiert, nachdem er gegen die holländische Leningrader Verteidigung von GM Andrey Vovk (2611) keinen Vorteil hatte erzielen können.
Nach vier Stunden fiel dann in der Zeitnotphase bereits die Entscheidung des Kampfes. Artur Jussupow war nach seiner gestrigen Niederlage zusätzlich motiviert und nutzte in einer typischen Reti-Struktur und Ungenauigkeit des mit Weiß spielenden IM Christian Troyke (2344) zu einem Königsangriff, der ihm schließlich entscheidenden Materialgewinn einbrachte. Parallel gab es bei unseren beiden Neuzugängen zwei Remisen zu verzeichnen: Richard Rapport hatte gewohnt kreativ einen weiteren Leningrader-Holländer mit Schwarz gegen GM Evgeny Romanov (2573) abseits der Hauptvarianten interpretiert, doch der Russe konnte nicht mehr als einen marginalen Vorteil erreichen, so dass die Partie schließlich leistungsgerecht im Dauerschach mündete. Robin van Kampen versuchte mit den weißen Steinen einen minimalen Vorteil aus einem Najdorf-Drachen-Hybrid gegen IM Robert Kuczynski (2487) herauszupressen, doch der Pole agierte sehr umsichtig, so dass auch hier nach vier Stunden Frieden geschlossen wurde.
Schließlich sorgte Alexander Naumann, der an diesem Wochenende die Aufgabe als »Playing Captain« innehatte, mit einem souveränen Weiß-Sieg gegen IM Thomas Casper (2383) für die Entscheidung. In einem Fianchetto-Königsinder konnte er im Mittelspiel die auf a3 gestrandete schwarze Dame für Turm, Leichtfigur und Bauer erobern und nutzte diesen Vorteil im weiteren Verlauf mit einigen hübschen Damenmanövern zu entscheidendem Materialgewinn aus. Somit richteten wir uns nach der Zeitkontrolle auf einen 5½-Sieg ein, da Predrag Nikolic in der Zeitnotphase nach einer sehr interessanten und zweischneidigen Partie in einer Igel-Struktur gegen GM Peter Enders (2460) die Oberhand gewonnen hatte, parallel aber Jan Smeets gegen Franz Bräuer (2413) ein verlorenes Endspiel verwaltete, nachdem Jan im 40. Zug ein schwerwiegender Patzer unterlaufen war.
In der Tat konnte Predrag seinen Vorteil in der Folge ummünzen, da seine Mehrfigur aufgrund der guten weißen Figurenkoordination trotz reduziertem Material deutlich schwerer als die vier schwarzen Mehrbauern wog, was unser bosnischer Routinier schließlich zu einem Mattangriff nutzen konnte. Schließlich konnte sogar Jan seine Partie völlig unerwartet noch Remis halten, nachdem er im verlorenen Turmendspiel eine letzte Pattfalle aufgestellt hatte, in die der bedauernswerte Bräuer hineintappte und sich damit um den Lohn seiner starken spielerischen Leistung brachte.
Für Smeets war dies natürlich ein schöner Abschluss seines Comebacks in der Bundesliga, mit dem er das 6:2 sicherte und die geschlossene Mannschaftsleistung ohne Niederlage unterstrich. Nach dem optimalen Saisonstart mit 4:0 Punkten freuen sich die zahlreichen Schach-Fans in der Klingenstadt nun auf die Heimspielrunde im Dezember, bei der 3 Kämpfe auf dem Programm stehen und neben Trier und Emsdetten auch Vizemeister Werder Bremen zu Gast sein wird.
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