Unsere U14-Mädchen-Mannschaft hat am dritten Tag der Deutschen Vereinsmeisterschaft in Düsseldorf ihre Tabellenführung verteidigt. Angeführt von der mit 6/6 überragenden Melanie Müdder konnten unsere jungen Damen zunächst die SF Sasbach mit 3:1 bezwingen und dann am Nachmittag das NRW-Duell mit SF Brackel ebenfalls mit 3:1 für sich entscheiden. Diese Ergebnisse spiegeln allerdings nicht wider, wie viele Nerven und Energie dieser Tag mit Zeitnotschlachten, Blackouts und tollem Kampfgeist alle Beteiligten gekostet haben dürfte.
Vor der Schlussrunde liegt unsere U14w mit 12:0 Zählern vor den Schachpinguinen Berlin (10:2). Damit genügt morgen ein Unentschieden, um den Traum vom Deutschen Meistertitel perfekt zu machen. Allerdings steht in der Schlussrunde das stets extrem umkämpfte Niederrhein-Derby gegen den Ausrichter Düsseldorfer SK auf dem Programm.
Teamchef Joachim Görke hatte heute Vormittag etwas Sorge gehabt, dass die Mädchen nach dem gestrigen Highlight und dem Sieg im intensiven Spitzenduell gegen Berlin relativ müde in die nächste schwere Aufgabe gehen würden. Doch im Duell mit dem an Position 3 gesetzten badischen Vertreter der SF Sasbach zeigte sich unser Quartett schon frühzeitig hellwach.
So konnte Elizabeth Kublanov mit Schwarz in einem beschleunigten Drachen gegen Katharina Schneider (1517) schnell ausgleichen und nutzte dann eine taktische Unaufmerksamkeit ihrer Gegnerin zu einem Figurengewinn. Diesen Vorteil ließ sie sich nicht mehr aus der Hand nehmen und sorgte für die frühe beruhigende Führung. Auch Luisa Bashylina agierte gegen Anna Schneider (1425) sehr konzentriert und nutzte später die geschwächte schwarze Königsstellung am Damenflügel zu einem entscheidenden Angriff, mit dem sie den schwarzen König über das gesamte Brett zur 2:0-Führung treiben konnte.
Trotz dieses Vorsprungs war der Kampf noch nicht gelaufen, denn an den beiden Brettern deuteten sich frühzeitig heftige Zeitnotschlachten an. Hier zeigte allerdings Melanie Müdder ihre absolut überragende Form in diesem Turnier. Gegen Johanna Ehmann (1686) hatte sie mit der sizilianischen Löwenthal-Variante erneut bequemen Ausgleich erzielt und begann gerade die geschwächte weiße Bauernstellung in einem bereits für sie angenehmeren Struktur zu bearbeiten, als ihre Gegnerin ein taktisches Intermezzo zuließ, durch das Melanie einen Turm gewinnen konnte und später den Punkt sicher nach Hause brachte.
Schwer gefrustet war dagegen Dana Berelowitsch, die gegen die Sasbacher Top-Scorerin Jenny Höglauer (1643) aus einer typischen c3-Sizilianer-Struktur sehr geduldig einen schönen Königsangriff initiierte, in der Blitzphase aber die beste Fortsetzung verpasste und später bereits in Verluststellung die Zeit überschritt. Doch der 3:1-Erfolg und ihre Teamkolleginnen trösteten sie etwas über die bittere Enttäuschung hinweg.
Denn bereits knapp zwei Stunden später war unser Quartett wieder gefordert, da in der sechsten Runde das erste »NRW-Derby« gegen die SF Brackel anstand. Zwar waren die Dortmunder »nur« die Nummer 11 der Setzliste, aber einerseits beruhte diese etwas niedrigere Einstufung nur auf ihrem etwas unerfahrenen 4. Brett und zum anderen begannen nun auch langsam außerschachliche Komponenten in Anbetracht der Turniersituation eine Rolle zu spielen.
Dies wurde allen nach ca. zwei Stunden schmerzlich bewusst, als Luisa Bashylina den vielleicht bittersten Moment ihrer noch jungen, aber schon sehr erfolgreichen Schach-Karriere erlebte. Gegen Basmalah Elier (756) hatte sie mit Schwarz schnell zwei Figuren gewonnen und diverse Gewinnwege zur Auswahl, als ihr ein fataler Moment der Unkonzentriertheit unterlief. Im Bemühen, es besonders gut zu machen, übersah sie die einzige Gegendrohung mit einem möglichen Damen-Matt auf h7 und war danach absolut untröstlich, selbst als Melanie Müdder nahezu postwendend den Gleichstand wiederherstellte.
Sie wählte gegen die skandinavische Verteidigung von Mareike Wastian (1770) einen sehr harmonischen Aufbau und zeigte ihre taktische Wachsamkeit mit einem schönen Zentrumsdurchbruch, der ihr einen Figurengewinn und wenig später den vollen Punkt einbrachte. Dennoch standen Dana Berelowitsch und Elizabeth Kublanov nun gegen ihnen bestens bekannte und nahezu gleichwertige Gegnerinnen besonders unter Druck, um die gute Ausgangslage vor der Schlussrunde nicht zu gefährden.
Beide lösten diese nicht einfache Aufgabe absolut grandios: Elizabeth hatte Kirsten Bünte (1460) in einer scharfen Caro-Kann-Vorstoßvariante mit dem typischen e6-Bauernopfer frühzeitig attackiert und nutzte ihre bessere Figurenkoordination und den schwarzen Entwicklungsrückstand zu einem Angriff gegen den in der Brettmitte offen stehenden schwarzen König, durch den sie letztlich eine Figur und die Partie gewinnen konnte. Damit schraubte Elizabeth ihren Turnierscore auch auf exzellente 5½/6.
Genauso beeindruckend war – insbesondere unter Berücksichtigung der unglücklich verlaufenen Vormittags-Partie – die Vorstellung von Dana Berelowitsch. Mit den schwarzen Steinen setzte sie gegen die Dortmunder Topscorerin Nicole Garbuz (1576) frühzeitig auf Angriff, nachdem sie gegen den ruhigen weißen Reti-Aufbau lang rochiert und mutig eine Position mit heterogenen Rochaden herbeigeführt hatte. Dafür wurde sie diesmal auch mit dem am Vormittag noch fehlenden Quäntchen Glück belohnt, da ihre vermeintlich zum Bauerngewinn führende Kombination ein Loch hatte. Bei richtiger weißer Verteidigung wäre eine Figur verloren gegangen, was Garbuz aber glücklicherweise entging.
Danach ließ sich Dana die Kontrolle über die Stellung nicht mehr nehmen und öffnete auch nach Damentausch konsequent die Linien am Königsflügel für ihre Türme, was in Verbindung mit ihrem dominanten Springer auf e5 zu einem unglaublich wichtigen Sieg zum 3:1-Erfolg führte.
Damit ist die Ausgangslage für die morgige Schlussrunde klar. Unsere Mädchen brauchen noch ein 2:2, um ihren Traum vom ersten deutschen Meistertitel perfekt zu machen. Dies wird im »ewigen« Niederrhein-Derby gegen den Düsseldorfer SK sicherlich nicht einfach werden, aber mit einer Leistung wie im bisherigen Turnierverlauf und zahlreichen gedrückten Daumen vor Ort und in der Solinger Heimat sollte auch die letzte Runde ab 8:30 Uhr erfolgreich gestaltet werden können.
Ich habe in den letzten Tagen mehrfach die Lieveübertragung genutzt, um mich über den Partieverlauf des Solinger Mädchenteams zu informieren. Ihr habt Euch absolut verdient den ersten Platz belegt. Herzlichen Glückwunsch an die vier jungen Damen und deren Betreuer Joachim Goerke. Deutscher Meister wird man nicht alle Tage, besser kann ein Jahr nicht zu Ende gehen! Ganz Solingen ist stolz auf Euch, natürlich auch Bernd Schneider
Herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft, an alle Spielerinnen und ihren Betreuer.
Stefan Schubert