Einen Tag nach der ersten Saisonniederlage gegen Hockenheim zeigte sich unser Bundesliga-Team bestens erholt und fügte nach einer starken Mannschaftsleistung dem ambitionierten Aufsteiger SK Viernheim dessen erste Niederlage zu. Der 5½:2½-Sieg kam dabei durchaus ungewöhnlich zustande, da es nur ein einziges Remis am Spitzenbrett zu verzeichnen gab. Die bewährte Hinterachse mit Mads Andersen und Alexander Naumann sowie eine sehr starke Partie von Markus Ragger sorgte nach der Zeitkontrolle für eine knappe Führung, bevor Aryan Tari und Erwin L’Ami in den längsten Partien des Tages noch für ein unerwartet deutliches Ergebnis sorgten.
Der SC Viernheim ist nach dem Abstieg im Jahr 2014 zurück in der Bundesliga und hat in den letzten Jahren seinen Kader famos verstärkt. Angeführt vom aktuellen Weltranglisten-Dritten Shakhriyar Mamedyarov gehört der Aufsteiger bereits zu den Topteams der Liga und machte dies im bisherigen Saisonverlauf mit 8:0 Zählern auch deutlich. Gleichzeitig legen die Viernheimer auch Wert darauf, ihre lokalen Spieler einzusetzen und spielten bisher in jedem Kampf mit zwei deutschen Akteuren. Da bei den Viernheimern einige Topakteure fehlten, gingen wir durch unser Ratingübergewicht an den hinteren Brettern leicht favorisiert in den Kampf.
Es entwickelte sich ein spannendes Duell mit vielen interessanten und hart umkämpften Partien. Recht unspektakulär ging es dagegen am Spitzenbrett zu, wo GM Vladimir Malakhov (2658) und Pentala Harikrishna eine Katalanisch-Hauptvariante diskutierten, in der Schwarz ausgleichen konnte und in der Folge das Stellungsgleichgewicht nicht mehr gestört wurde, so dass kurz vor der Zeitkontrolle in einem Leichtfigurenendspiel Remis vereinbart wurde.
Nach knapp vier Stunden sorgte dann Kapitän Alexander Naumann in seiner Partie gegen IM Andreas Mandel (2392) für die Führung. Aus einem klassischen Sizilianer entstand eine typische Struktur des englischen Angriffs, in der Alex seinen Königsangriff deutlich schneller vorantreiben konnte als das schwarze Gegenspiel am Damenflügel. Daraus resultierte ein Schwerfigurenendspiel mit weißem Mehrbauern, in dem Schwarz bei völliger Passivität und auf Matt stehendem König nur die Aufgabe blieb.
Kurze Zeit später konnte der aktuell in bestechender Form aufspielende Mads Andersen die Führung ausbauen. In einer Damengambit-Abtauschvariante konnte er mit Schwarz gegen IM Dr. Günther Beikert (2399) ausgleichen und sammelte in der Folge kleine Vorteile an, die letztlich zum entscheidenden Verlust von zwei weißen Bauern führten. Damit schraubte Mads seinen Saisonscore auf 5½/6.
Doch die Viernheimer schafften mit der Zeitkontrolle wieder den Ausgleich. Der stärkste Spieler Afrikas, Dr. Bassem Amin (2710), konnte gegen Loek van Wely aus einer leicht besseren Stellung in einem Lb5-Sizilianer in der Zeitnotphase seine Figuren optimal aktivieren und erreichte ein Endspiel mit zwei verbundenen Freibauern, so dass Loek im 41. Zug nur noch die Aufgabe blieb.
Borki Predojevic hatte als Schwarzer in einer Katalanisch-Struktur gegen GM Igor Kovalenko (2657) nicht vollständig ausgleichen können und opferte eine Qualität. Allerdings blieb er den Nachweis hinreichender Kompensation schuldig und musste nach vier Stunden seine erste Niederlage in dieser Saison quittieren.
Eine Schlüsselpartie des gesamten Kampfes war das Duell von Markus Ragger und GM Yurij Krivoruchko (2687). Der stets sehr solide agierende Ukrainer spielt seit 2016 für Viernheim und hatte in dieser Zeit noch keine Partie in Mannschaftskämpfen verloren. Doch Markus zeigte wieder einmal seine herausragenden Qualitäten als Mannschaftsspieler und lieferte nach der bitteren Niederlage am Vortag eine tolle positionelle Vorstellung in einer ruhigen Italienisch-Partie ab. Im Mittelspiel drang er entscheidend mit seinem Turm auf der siebten Reihe ein und gewann im Verbund mit seinem Läuferpaar entscheidendes Material. Auch den technischen Teil, in dem ihm nur Springer, Läufer und ein Bauer gegen Springer und zwei Bauern verblieben, bewältigte er souverän und sorgte damit für die Vorentscheidung.
Denn beim Stande von 3½:2½ spielte Erwin L’Ami in einem besseren Läuferendspiel gegen GM Sergey Fedorchuk (2609) riskolos auf zwei Ergebnisse, so dass die geringen Hoffnungen der Viernheimer auf noch einen Mannschaftspunkt in der Partie von GM Fabien Libiszewski (2481) lagen. Dieser hatte mit den schwarzen Steinen aus einem klassischen Franzosen ein ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel gegen Aryan Tari erreicht. Beim Versuch, die Stellung zu verschärfen, gelang es dem Franzosen zwar, mit Dame und Turm auf der 1. Reihe einzudringen. Letztlich wurde dadurch aber sein König mehr als dessen weißer Opponent geschwächt und Aryan durfte sich wenig später über seinen zweiten Saisonsieg und die Entscheidung im Match freuen.
So konnte Erwin im Anschluss ohne jeglichen Druck in der erneut längsten Partie des Tages an der Verwertung seiner positionellen Vorteile im Läuferendspiel arbeiten, was ihm nach knapp 6 Stunden mit präziser Technik gelang und zu einem unerwartet klaren Endstand von 5½:2½ führte.
Damit haben wir ein insgesamt sehr zufriedenstellendes erstes Saisondrittel gespielt und gehen mit 10:2 Punkten als Tabellendritter in die Weihnachtspause. Beim nächsten Bundesliga-Wochenende warten am 02./03.02.2019 in Düsseldorf mit den SF Berlin und USV TU Dresden zwei gefährliche Teams aus dem Liga-Mittelfeld als Gegner haben.
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Rundenbericht der Schachbundesliga