Loek van Wely ist einer der langjährigen Weltklasseakteure, der stets sehr umfangreich auf diversen Open aktiv war und in manchen Jahren auf fast 200 Turnierpartien im Jahr kam. Inzwischen ist er hauptberuflich in der Politik als Senator aktiv und spielt als zweifacher Familienvater auch deutlich seltener.
Doch beim Traditionsopen in Vlissingen, das vom 03.-10.08.2019 bereits seine 23. Auflage feierte, zeigte »KingLoek« nach seinem massiven Elo-Aderlaß in den vergangenen 12 Monaten wieder einmal seine alte Klasse. Das diesjährige Turnier war mit 186 Teilnehmern, darunter 9 GM und 7 IM etwas schwächer als üblich besetzt. Loek erwischte den perfekten Start und lag mit 5/5 zur Turnierhalbzeit alleine in Führung.
In der sechsten Runde kam es zu einer spektulären Partie gegen seinen Solinger Vereinskollegen Erwin L’Ami, die nach einem Königsinder mit einer komplett abgeriegelten Schlussposition und folgerichtig Remis endete. Auch die drei abschließenden Partien gegen Ex-Vizeweltmeister Gata Kamsky (2666), den Ex-Solinger Jan Werle (2540) und die starke indische Großmeisterin Harika Dronavalli (2495) endeten jeweils Remis, so dass Loek einen halben Zähler hinter Turniersieger Kamsky mit 7/9 auf dem mit 1.300 Euro dotierten zweiten Rang landete.
Dagegen verpasste Erwin L’Ami als Zweiter der Setzliste eine absolute Topplatzierung aufgrund einer Niederlage in der achten Runde. Zuvor lag er mit 5½/7 bei Remisen gegen Harika, Werle und van Wely auf dem geteilten dritten Rang gut im Rennen, erwischte dann aber gegen Nico Zwirs (2391) einen rabenschwarzen Tag und unterlag mit den weißen Steinen. So musste er mit 6½/9 und dem 6.Platz und einem Preisgeld von 300 Euro zufrieden sein.
Endstand Vlissingen
Turnierseite Vlissingen
Die Härte des Open-Alltags erlebten auch unsere beiden Starter Aryan Tari und Dr. Florian Handke beim RTU-Open in Riga, das vom 03.-11.08.2019 bereits seine 9. Auflage feierte. Das lettische Schachfestival, das in der technischen Universität ausgetragen wird, wächst jährlich und hätte in diesem Jahr vermutlich bereits mehr als 600 Teilnehmer gehabt, wenn nicht die Hotels komplett wegen eines parallel stattfindenden Rammstein-Konzerts ausverkauft gewesen wäre!
Das A-Open war mit 275 Spielern, darunter 30 GM und 45 IM, exzellent besetzt. Aryan Tari reiste nach seinem Titel bei der norwegischen Meisterschaft und dem starken Abschneiden in Helsingor voller Selbstbewusstsein an, doch wurde bereits in der Auftaktrunde auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Gegen den ukrainischen FM Maxim Evchin (2232) agierte er mit Schwarz zu riskant und ambitioniert und wurde vom stark aufspielenden Außenseiter prompt bestraft.
Doch es spricht für den 20jährigen Aryan, dass er trotz dieses Fehlstarts noch eine gute Platzierung erreichte. In der Folge gab er nur noch zwei Schwarz-Remisen ab und landete nach einem Schlussrunden-Erfolg gegen den indischen GM Abhimanyu Puranik (2550) noch mit 7/9 auf dem geteilten 3.-6. Platz, so dass er bei nur minimalen Elo-Verlusten noch seinen vierten Setzlistenplatz bestätigte.
Dagegen hatte unser Rückkehrer ins Bundesliga-Team, Dr. Florian Handke, nach längerer Inaktivität sichtlich Probleme, wieder in den Spielrhythmus zu kommen. Er erwischte einen Fehlstart mit 1½/3 und konnte sich in der Folge gegen viele junge und ambitionierte Gegner niemals aus dem oberen Mittelfeld lösen. So musste er als Nummer 17 der Setzliste mit 5½/9 und Platz 73 zufrieden sein, was ihn nahezu 20 Elo-Punkte kostete.