Unser U20-Mädchen-Team geht mit einem Vorsprung von zwei Mannschaftspunkten auf die Mannschaft des Schachzentrums Seeblick in die letzte Runde der Deutschen Vereinsmeisterschaft in Braunschweig. Das Team aus Sachsen ist auch der Gegner der morgigen Begegnung, so dass es zu einem echten Endspiel um den deutschen Meistertitel kommt, in dem unseren Mädels ein Unentschieden auf jeden Fall reichen wird. Diese tolle Ausgangslage erspielte sich das Quartett durch zwei sehr starke Auftritte am dritten Turniertag. Nach einem überzeugenden 3:1-Erfolg gegen die OSG Baden-Baden folgte am Nachmittag sogar mit dem 3½:½ der höchste Sieg im diesjährigen Turnier, durch den die Mannschaftspunktebilanz auf 11:1 Zähler ausgebaut wurde.
Duelle gegen die OSG Baden-Baden haben inzwischen natürlich eine langjährige Tradition. Im Gegensatz zur üblichen Ausgangslage in der Bundesliga gingen unsere Mädchen allerdings als nomineller Favorit in die Partie und waren fest entschlossen, die gestern durch den Sieg gegen Harksheide eroberte Tabellenführung zu verteidigen. Die größten nominellen Vorteile gab es dabei am vierten Brett, wo Yaroslava Sereda ihre Vorteile gegen Anastasia Martin (1285) souverän in einen vollen Zähler ummünzte und für die beruhigende Führung sorgte.
Am zweiten Brett wurde zwischen Luisa Bashylina und Rebecca Doll (1686) eine lange schottische Theorievariante diskutiert, die bereits auch oft auf Weltklasseniveau auf den Brettern stand und in einem unklaren Endspiel mündet, in dem Weiß zwei Leichtfiguren gegen Turm und zwei Bauern besitzt. Luisa verzichtete hier jedoch auf jegliche Experimente und bot mannschaftsdienlich Remis, da sich die Lage an den anderen Brettern sehr erfreulich entwickelte. So hatte Dana Berelowitsch mit den schwarzen Steinen eine klar bessere Position gegen Kassandra Visvikis (1610) herausgearbeitet, verpasste dort aber eine komplizierte taktische Gewinnführung. Stattdessen verflachte die Stellung in ein weiteres ausgeglichenes Endspiel, so dass auch hier wenig später Frieden geschlossen wurde.
Dennoch war dies im höheren Sinne die Entscheidung, da Melanie Müdder am Spitzenbrett einen absoluten Sahnetag erwischt hatte. Mit den schwarzen Steinen erhielt sie bereits aus der Eröffnung heraus gegen Antonia Ziegenfuß (2055), die sich beim diesjährigen Grenke-Open über den 2669er-Sensationsskalp des iranischen Ausnahmetalents Alireza Firouzja freuen durfte und auch bei dieser Meisterschaft bisher eine 100-%-Ausbeute aufwies, eine vielversprechende Stellung. Schließlich eroberte Melanie das Läuferpaar, gewann einen Bauern und führte diesen klaren Vorteil auch souverän in nur 31 Zügen zum vollen Zähler, so dass nach den vielen dramatischen Zeitnotschlachten der letzten Tage diesmal bereits deutlich vor der Zeitkontrolle der 3:1-Sieg feststand.
Parallel trennten sich die beiden anderen direkten Verfolger Seeblick und Harksheide im direkten Duell 2:2, so dass unser Vorsprung nach fünf Runden auf zwei Mannschaftspunkte angewachsen war. Etwas überraschend war unser Gegner in der Vorschlussrunde dann das Quartett des SV Lingen, das sich in einem über 5½-stündigen Marathonkampf gegen Borussia Lichtenberg noch mit 2½:1½ durchgesetzt hatte und somit ebenfalls auf 7:3 Zähler kam.
Die Mannschaft aus dem Emsland war als sehr gefährlich einzustufen, da die Spielerinnen an den ersten drei Brettern jeweils über eine etwas bessere Wertungszahl im Vergleich zu uns verfügte. Aber zum einen hatte sie das lange Vormittagsmatch sehr viel Energie gekostet und zum anderen befanden sich unsere Mädels nach der erfolgreichen vorherigen Runde weiterhin im »Bundesliga-Revanche-Modus«, da die Lingener uns ja am ersten Bundesliga-Wochenende ebenfalls eine schmerzhafte Niederlage beigebracht hatten.
Zunächst sorgte Yaroslava Sereda für die frühe Führung, indem sie ihren klaren nominellen Vorteil gegen Sofia Danilova (980) routiniert ausspielte und das gewonnene Material souverän verwertete. Am Nebenbrett zeigte Dana Berelowitsch ihre vielleicht beste spielerische Leistung bei diesem für sie sehr erfolgreichen Turnier. Ihre Gegnerin Hannah Möller (1832) hatte bisher einen hervorragenden Score von 4½/5, dabei unter anderem Amina Sherif besiegt und war auch am Vormittag die Matchwinnerin für Lingen gewesen. Doch einerseits war die nur 30 Minuten betragende Pause zwischen den Runden vermutlich zu kurz, um wieder hinreichend Kraft zu tanken. Andererseits traf sie auf eine Dana in Bestform, die zunächst in überzeugendem positionellen Stil ihre leichten Eröffnungsvorteile gegen die Moderne Verteidigung konservierte. Danach provozierte sie weitere Felderschwächen am gegnerischen Königsflügel und münzte ihren Entwicklungsvorsprung souverän in einen vollen Zähler um, so dass sie nun selbst mit exzellenten 4½/6 Anwärterin auf einen Brettpreis ist.
Aufgrund des sich anbahnenden 0:2-Rückstandes musste Madita Mönster (1965) in einer ausgeglichen Position der von Luisa Bashylina angebotenen Stellungswiederholung ausweichen, wurde aber von Luisa nach einem taktischen Versehen sehenswert ausgekontert, so dass kurz nach Danas Sieg bereits das entscheidende 3:0 perfekt war. Wenig später einigte sich Melanie Müdder mit ihrer Gegnerin WFM Jovana Miljkovic (2028) nach einer spannenden Sizilianisch-Kampfpartie auf ein leistungsgerechtes Remis zum Endstand von 3½:½ . Damit rundete Melli einerseits ihren hervorragenden persönlichen Tag mit zwei starken Vorstellungen am Spitzenbrett und zwei wirklich sehr geschlossene Mannschaftsleistungen ohne eine einzige Partie mit Verlustgefahr ab.
Als einziges der vier Verfolgerteams konnte das Schachzentrum Seeblick seinen Kampf siegreich gestalten und wahrte mit nun 9:3 Zählern seine Meisterschaftschance vor dem morgigen direkten Duell.
Wir drücken unseren Mädels ab 8:30 Uhr alle Daumen, damit es mit dem ersten deutschen U20w-Meistertitel in der Vereinsgeschichte klappt!
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