Unser Spielleiter Joachim Görke hat in vier Jahrzehnten als Schachspieler schon sehr viele Mannschaftskämpfe miterlebt und ist mit seinem gutmütigen Wesen ohnehin nur schwer aus der Fassung zu bringen. Doch auch er hatte große Probleme, seinen Frust nach der 3½:4½-Niederlage der IV. Mannschaft beim Ratinger SK II zu bändigen. Dabei bildete der Verlauf des Kampfes den »passenden« Abschluss der Ereignisse der voran gegangenen Tage.
Am vorherigen Mittwoch hatte Joachim noch das Luxusproblem besessen, über 11 einsatzbereite Stammspieler zu verfügen. Alle waren nach dem guten Saisonstart mit 7:3 Zählern in der Regionalliga hoch motiviert, den Klassenerhalt mit einem weiteren Sieg frühzeitig perfekt zu machen. So entschied sich der Kapitän, selbst zu pausieren sowie Melanie und Rafael Müdder mit Blick auf die aktuell zahlreichen Termine auch im Jugend- und Damenbereich aussetzen zu lassen.
Dann nahmen die Probleme ihren Lauf: in der 2. Mannschaft fielen kurzfristig zwei Spieler aus, so dass Luisa Bashylina dort als Ersatz gebraucht wurde. Mit Blick auf die Unwetterwarnung durch Sturmtief Sabine sagten am Samstag andere Spieler für den Sonntag ab. Da Müdders inzwischen anderweitig geplant hatten, konnte ganz kurzfristig zumindest noch Dr. Marius Fränzel als Ersatz engagiert werden, dem auf diesem Wege nochmals herzlich für seinen Einsatz gedankt sei.
Als endlich die Aufstellung feststand, meldete sich Spitzenbrett Alexander Hobusch, der erst Samstagabend vom Parteitag zurückkehrte, krankheitsbedingt ab, so dass das Spitzenbrett unbesetzt bliebt und die Vierte tatsächlich nach mehr als 2½ Jahren wieder einmal zu siebt antreten musste.
Der Frust war bei dieser Vorgeschichte natürlich groß, so dass Dirk Rittmann seine Partie extrem solide anlegte und mit den schwarzen Steinen ein kurzes Remis beisteuerte. Leider hatte Ali Erkay nicht seinen besten Tag erwischt und geriet mit den weißen Steinen gegen das vom Gegner gewählte Albins Gegengambit schnell in die Defensive. So verlor er eine Qualität und wenig später die Partie.
Dr. Marius Fränzel unterlief im Mittelspiel eine Ungenauigkeit, die einen Bauern kostete. Zwar konnte er noch in ein Turmendspiel abwickeln, das aber leider nicht mehr zu halten war. Joachim Görke hatte in einer französischen Vorstoßvariante mit den weißen Steinen leichte Stellungsvorteile erspielt, ließ aber unnötiges Gegenspiel zu, so dass sein Gegner mit einer Stellungswiederholung das Remis forcieren konnte.
Somit stand es nach der Zeitkontrolle 1:4, während es draußen schrittweise stürmischer wurde. Doch die Mannschaft kämpfte trotz der widrigen Umstände vorbildlich. Ralph Blasek ging in schlechterer Position aufgrund des Spielstandes volles Risiko, spielte auf taktische Tricks und wurde belohnt. Sein Gegner verlor den Überblick und büßte eine Figur ein, so dass er aufgeben musste.
Parallel hatte Eduard Kushchan in einer extrem scharfen Stellung mit heterogenen Rochaden die den gegnerischen König schützende Bauernphalanx komplett beseitigen können, so dass ihm die offenen Linien einen entscheidenden Königsangriff bescherten. Beim Stande von 3:4 war nun der Punktgewinn in greifbarer Nähe, denn Dr. Stefan Flesch hatte zwar in der Zeitnotphase einen sofortigen Gewinn verpasst, besaß aber noch immer ein Damenendspiel mit gleichfarbigen Läufern und einem Mehrbauern.
Durch geduldiges Manövrieren gewann er einen zweiten Bauern dazu, doch sein Gegner stellte nach sechs Stunden, als beide Spieler nur noch vom Inkrement lebten, eine geschickte Falle. Er bot einen weiteren Bauern an, den Stefan auch nahm, dabei aber ein vermeintliches Dauerschach zuließ.
Allerdings hätte es eine komplexe Variante gegeben, mit der Stefan unter Rückgabe eines Freibauern dem Dauerschach hätte ausweichen und zumindest die technische Gewinnstellung dank seiner Mehrbauern hätte bewahren können. Doch nach über 120 Zügen fand Stefan diese Ressource nicht und der Kampf war nach über 6 Stunden mit 3½:4½ verloren.
»When it rains, it pours«, heißt es so passend bei den Briten. So überraschte es an diesem völlig gebrauchten Tag die gefrusteten Stefan und Joachim auf der Rückfahrt nicht wirklich, dass alle vier SG-Teams an diesem Sonntag knappe Niederlagen hatten einstecken müssen. Aber zumindest konnte Stefan seinen Teamcaptain gerade noch rechtzeitig nach Solingen bringen, so dass dieser noch den letzten Zug nach Remscheid erwischte, bevor der Zugverkehr aufgrund des Sturmtiefs Sabine komplett eingestellt wurde. Dadurch erreichte Joachim ebenso wie alle anderen ohne Probleme noch die Heimat.
Mit diesem kleinen Lichtblick sollte doch die Trendwende eingeleitet sein. Nachdem die Vierte alle organisatorischen Probleme gebündelt auf einen Spieltag verteilt hat, wird nun einer Rückkehr in die Erfolgsspur sicherlich nichts mehr entgegenstehen.