Bereits zum zweiten Mal können die Jugend-Europameisterschaften nicht als das traditionell große Festival in Präsenz ausgetragen werden. Während es aber im Vorjahr »nur« ein Online-Turnier mit verkürzter Bedenkzeit als Ersatz gab, werden die Titelkämpfe in diesem Jahr vom 15.–21.10.2021 wieder mit – wenn auch sehr kurzen – Turnierpartien (90 Minuten/Partie + 30 Sekunden/Zug) im Hybrid-Modus ausgespielt. Dank einiger Regeländerungen in den letzten Monaten ist sogar eine Elo-Auswertung möglich. Die 32 Spielerinnen und Spieler umfassende Deutsche Delegation absolviert ihre Partien aus Apolda. Mit dabei sind aus Solingen Melanie Müdder (U18w), Luisa Bashylina (U16w) und Alexander Krastev (U16).
Insgesamt sind 900 Teilnehmer aus 32 Föderationen in den 7 verschiedenen Altersklassen am Start, die von 58 verschiedenen Standorten ihre Partien absolvieren. Einige Verbände scheinen dennoch mit diesem Format, dass zuletzt auch beim Europäischen Qualifikationsturnier für den FIDE-Weltcup zur Anwendung kam, nicht zufrieden zu sein, so dass viele Gruppen in der Spitze etwas schwächer besetzt sind.
Dennoch muss gerade im Jugendbereich auch gegen nominell vermeintlich schwächere Gegner erst einmal gepunktet werden. Dies bekam auch Alexander Krastev zu spüren, der in der U16 an Position 2 unter 64 Spielern gesetzt ist. In der Auftaktrunde konnte seine kleinen Vorteile in einem Endspiel mit Mehrbauern bei reduziertem Material gegen den Ukrainer Alexandr Kamnev (2007) nicht verdichten und musste mit einer Punkteteilung zufrieden sein, Am Folgetag entglitt ihm schrittweise eine leicht bessere Stellung gegen den österreichischen FM Marc Morgunov (2372), so dass der Fehlstart perfekt war. Doch mit drei Siegen in Folge hat er sich wieder nach vorne gekämpft. Nach fünf von neun Runden liegt Alexander mit 3½/5 auf dem geteilten sechsten Platz und zumindest wieder in Schlagdistanz der Medaillen.
Dank ihres herausragenden Turniers in Baden-Baden ist die Elo von Luisa Bashylina auf 2127 geklettert, so dass sie in der U16w ebenfalls als Zweite der Setzliste auf eine Medaille spekuliert. Auch sie musste zunächst trotz guter Stellung mit einem Remis gegen die Polin Lena Mroz (1775) zufrieden sein, ließ dann aber drei Siege in sehr umkämpften Partien folgen, in der sie auch manchmal das notwendige Quäntchen Glück auf ihrer Seite hatte. Als geteilte Tabellenführerin traf sie auf WFM Ayan Allahverdiyeva (2051) aus Aserbaidschan. Dort erreichte sie eine gute Stellung, unterschätzte dann aber in der Zeitnotphase das Gegenspielpotential des schwarzen Freibauern, so dass sie ihre erste Turnierniederlage hinnehmen musste. Nach dieser bitteren Niederlage muss sie nun mit 3½/5 als geteilte Siebte auf einen starken Endspurt hoffen.
Melanie Müdder ist als Nummer 16 der Setzliste im Mittelfeld der 32 Spielerinnen in der Altersklasse U18w angesiedelt. Doch sie erwischte einen absoluten Albtraumstart: in der Auftaktrunde verrechnete sie sich bei einer taktischen Abwicklung und wurde von Kiti Nadanyan (Aserbaidschan) im Mittelspiel mattgesetzt. Dies wirkte in den Folgerunde fort, als sie zweimal gute Stellungen durch Aussetzer noch zum Verlust verdarb. Das Schlachtenglück wendete sich wieder, als sowohl die Österreicherin Lea Stadlinger (1753) als auch Eleni Bania (Israel) in ausgeglichenen Positionen die Zeit überschritten. Etwaige technische Schwierigkeiten sind natürlich ein Problem, das im Hybridschach noch gelöst werden muss. Melanie wird es zunächst einmal egal sein und sie wird alles daran setzen, mit 2/5 ihren Aufwärtstrend fortzusetzen und sich weiter nach vorne zu spielen.
Zu den Ergebnissen U18w
Rundenbericht 1–3 Deutscher Schachbund