Über Artur Jussupow sagten einigen seiner Kollegen in der Deutschen Nationalmannschaft nach seinem Föderationswechsel im Jahre 1992, dass er bereits mehr über das Schach vergessen habe, als sie jemals lernen würden. Dieses Zitat drückt die immense Wertschätzung aus, die das herausragende Schachverständnis von Artur stets genoss und das maßgeblich von seinem langjährigen Mentor und Trainer Mark Dworezki geprägt wurde.
1990 wurde Artur bei einem Raubüberfall in Moskau lebensgefährlich verletzt und entschloss sich danach, nach Deutschland überzusiedeln. In seiner »zweiten« Karriere in Deutschland führte er am Spitzenbrett unsere Nationalmannschaft zu einer sensationellen Silbermedaille bei der Schacholympiade in Istanbul 2000. Auch seine deutschen Vereine prägte er nachhaltig und gewann zunächst dreimal mit Bayern München die deutsche Meisterschaft, bevor er 1996 zu uns wechselte und zwei weitere Mannschaftstitel in den Jahren 1997 und 2016 seiner langen Erfolgsliste hinzufügen konnte.
Heute ist der 62-Jährige fast ausschließlich als Trainer aktiv und hat sich dabei weltweit einen ähnlichen Status erarbeitet wie sein Lehrmeister Mark Dworezki, mit dem er zusammen auch zahlreiche exzellente Trainingsbücher veröffentlichte. Am Brett sieht man ihn nur noch sehr selten, so dass es fast in Vergessenheit geraten könnte, was für ein herausragender Spieler Artur war.
In den 80er Jahren stand er zeitweise auf Platz 3 der Weltrangliste hinter den beiden Dominatoren Garri Kasparov und Anatoli Karpov und gewann mit der sowjetischen Nationalmannschaft fünfmal in Folge die Schacholympiade. Insgesamt dreimal qualifizierte er sich für das Halbfinale der Kandidatenwettkämpfe um die Weltmeisterschaft. Aus dem Viertelfinale dieser Wettkämpfe 1991 stammt auch die letzte Partie unseres Adventskalenders. Dort traf Artur auf die damalige Nummer 3 der Welt, Wassili Iwantschuk, und musste beim Stande von 3:4 die letzte Partie unbedingt gewinnen, um noch den Tie Break zu erzwingen.
Statt intensiver Vorbereitung verbrachte Artur die meisten Stunden vor dieser wichtigen Partie vor dem Fernseher, da in Moskau ein Putschversuch zum Sturz von Michail Gorbatschow unternommen worden war. Das Abwenden dieses Umsturzes gab Artur zusätzliche Energie, so dass er sich statt seines klassisch-tiefgründigen positionellen Stils frühzeitig auf einen risikoreichen Angriff einließ. Mit 20. Txh5 opferte er einen Turm und wurde nach dem Fehler 22…Sf6 belohnt, da er seinen Angriff mit dem weiteren Springeropfer auf e6 zum erfolgreichen Ende und wenig später den Sieg verzeichnen konnte.
Nach dieser bereits extrem spektakulären Angriffssieg ließ Artur in der ersten Tie- Break-Partie, die mit der verkürzten Bedenkzeit von 45 Minuten ausgetragen wurde, eine sensationelle Angriffspartie mit Schwarz in einem Königsinder folgen, die von den meisten Schachfans als eine der besten Partien aller Zeiten angesehen wird.