Unsere U20-Mädchen-Mannschaft hat die Deutsche Vereinsmeisterschaft in Magdeburg auf dem 2. Platz beendet. Nach einem 2½:1½-Sieg gegen den Lübecker SV wurde es noch einmal spannend, weil Spitzenreiter SK Nordhorn-Blanke nach der Zeitkontrolle mit 0:2 gegen Karlsruhe zurücklag. Doch die Grafschafter erreichten mit großem Kampfgeist noch ein 2:2-Unentschieden und wiesen gegenüber unserem Quartett bei jeweils 12:2 Punkten die bessere Sonneborn-Berger-Wertung auf, so dass sie sich über den Deutschen Meistertitel freuen durften, zu dem wir herzlich gratulieren.
Vor der letzten Runde war klar, dass ein Unentschieden gegen den Lübecker SV bereits ausreichend wäre, um den zweiten Platz abzusichern. Dennoch wurde natürlich ein möglichst hoher Sieg angestrebt, falls Spitzenreiter Nordhorn-Blanke in der Schlussrunde Nerven zeigen sollte.
Die erste Überraschung gab es bereits bei der Aufstellung, denn bei den Marzipanstädtern fiel die bisher am Spitzenbrett mit 5½/6 stark aufspielende Lisa Sickmann krankheitsbedingt aus. So mussten sich unsere Mädels zwar auf neue Gegnerinnen einstellen, gingen dafür aber mit klaren nominellen Vorteilen in ihre Partien. Dennoch taten sie sich zunächst recht schwer und es war eine Erleichterung, als Sarah Fetahovic in einer schönen Partie gegen Ida Rosin (1252) ihren Mattangriff erfolgreich vollendete und für die psychologisch wichtige Führung sorgte. Kurz vor der Zeitkontrolle einigte sich Melanie Müdder mit Schwarz gegen Antonia Schmidt (1750) auf Remis, nachdem diese die schwarze Initiative am Königsflügel neutralisiert und ein ausgeglichenes Leichtfigurenendspiel erreicht hatte.
Melanie hatte dabei bereits im Blick, dass Yaroslava Sereda inzwischen gegen Celina Malinowsky (1734) ein gewonnenes Leichtfigurenendspiel erreicht hatte, das sie wenig später zum Sieg führte. Yaroslava hatte mit Weiß in einem Paulsen-Sizilianer korrekt eine Figur geopfert, dann aber nicht ideal fortgesetzt, so dass sie trotz Mehrbauern keinen Vorteil aufwies, bevor Celina unter für Yaroslava günstigen Umständen die Damen tauschte.
Nach dem feststehenden Sieg richteten sich alle Augen auf den Nachbartisch, wo bei Nordhorn nicht nur Nicole Garbuz ihr Turmendspiel mit zwei Minusbauern nicht mehr halten konnte, sondern auch Spitzenbrett Anna Wilmink in einer Zeitnotschlacht gegen Jana Basovskiy unterlegen war, so dass der Tabellenführer gegen Karlsruhe plötzlich 0:2 zurücklag.
Unter diesem Gesichtspunkt erhielt Eva Rudolph die Weisung, mit Blick auf die bei Punktgleichheit relevante Sonneborn-Berger-Wertung ihr völlig ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel gegen Helene Hellenbroich (1498) auf Gewinn zu spielen. Doch es war einfach nicht Eva’s Turnier. Im Gewinnstreben unterlief ihr ein folgenschwerer Blackout und sie lief im Turmendspiel in ein Selbstmatt zum Endstand von 2½:1½.
Da auch die Ergebnisse unserer anderen Gegner bzgl. der Sonneborn-Berger-Wertung (bei der die pro Runde erzielten Brettpunkte mit den Mannschaftspunkten des jeweiligen Gegners multipliziert werden) nicht in unserem Sinne verliefen, war spätestens jetzt klar, dass Nordhorn im Falle von Punktgleichheit die bessere Feinwertung aufweisen würde. Ihre Topscorerin Luise Hallfarth (7/7) verkürzte auf 1:2 und zur Heldin des Tages avancierte im Anschluss Sophia Brunner, die ein zuvor nur minimal besseres Läuferendspiel nach 79 Zügen zum Sieg führte und damit das für den Meistertitel entscheidende 2:2 erzielte.
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Auf diesem Wege daher ein ganz herzlicher Glückwunsch nach Nordhorn, die den direkten Vergleich gegen uns verdient gewannen und zudem auch deshalb eine bessere Wertung aufweisen, weil wir im Turnier zu viele Zähler in den verschiedenen Kämpfen unnötig liegen ließen.
Dennoch fällt unsere Gesamtbilanz positiv aus. Sarah Fetahovic demonstrierte klar, welchen Leistungssprung sie seit ihrer DVM-Premiere im Vorjahr gemacht hat. Mit 6/7 avancierte sie zu Topscorerin der Mannschaft, auch wenn sie sich am meisten darüber ärgern wird, dass die einzige Niederlage ausgerechnet im Spitzenduell gegen Nordhorn zustande kam. Doch ihr Ehrgeiz wird dafür sorgen, dass sie gerade an dieser Erfahrung wachsen und sich weiter verbessern wird.
Zusammen mit Sarah war Yaroslava Sereda an den ersten beiden Tagen das mit 8/8 nicht zu stoppende Doppelzimmer. Auch für Yaroslava lief es leider im Finish nicht optimal, so dass sie gewohnt selbstkritisch mit ihren 5½/7 nicht zufrieden war. Dennoch zeigt sie bereits jetzt ein sehr reifes Schach und wird uns mit ihrem immensen Potential in den kommenden Jahren als neues Spitzenbrett noch einige Freude machen.
Unsere langjährige Gastspielerin Eva Rudolph war bei der Anreise selbst ein wenig schockiert, dass sie nun bereits über nahezu ein Jahrzehnt Erfahrung bei unzähligen Jugendmeisterschaften verfügt. Nach einem schachlich schwierigen Jahr 2023 mit längerer Formkrise traf es sie bei dieser Meisterschaft wirklich ganz hart: eine Zeitüberschreitung in völliger Gewinnstellung, eine vermeidbare Niederlage im Spitzenspiel und ein bitteres Selbstmatt in der Schlussrunde führten dann doch zu ein paar Tränchen. Aber Eva’s Wert für die Mannschaft geht weit über die für ihre Fahigkeiten sportlich indiskutablen 3/7 hinaus.
Die Mädels profitierten vor Ort insbesondere von vielen guten Eröffnungsideen von Kevin Zolfagharian, der bei der Vorbereitung von Rafael Müdder und Oliver Kniest unterstützt wurde. Neben diesem Trio sei aber auch den Heimtrainern Christof Sielecki und Carmen Voicu-Jagodzinsky gedankt, die ihre Schützlinge natürlich auch kontinuierlich unterstützten.
Rafael kümmerte sich zudem vortrefflich um die Organisation der gemeinsamen Abendessen in schönen Restaurants in Magdeburg, was in der in dieser Woche noch extrem gut besuchten Altstadt in Magdeburg nicht immer ein ganz leichtes Unterfangen war, so dass das Erlangen von Tischreservierungen manchmal tatsächlich außerordentlichen Einsatz erforderte.
Für Rafael schloß sich mit den Tagen in Magdeburg ein Kreis, denn nachdem er bis 2021 fast zwei Jahrzehnte eine zentrale Rolle bei der Organisation der Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften spielte, war seit vielen Jahren auch die letzte Woche des Kalenderjahres ein Fixpunkt in seinem Terminkalender, bei dem er stets unsere Mannschaften bei den Deutschen Jugend-Vereinsmeisterschaft unterstützte, wofür ihm an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt sei. Seine Frau wird sich in jedem Fall am 27.12.2024 wundern, wenn ihr Gatte ausnahmsweise einmal nicht in Sachen Schach unterwegs sein sollte.
Damit kommen wir abschließend zu der Spielerin, die sich sicherlich von allen Akteuren der DVM am meisten einen Meistertitel gewünscht hatte. Für Melanie Müdder war es das letzte Turnier einer sehr langen Karriere im Jugendschach mit wahrhaft beeindruckenden Erfolgen. Ihre Bilanz bei den Deutschen Vereins-Meisterschaften seit 2016 beinhaltet drei Deutsche Meistertitel (2x U14w, 1x U20w), eine Bronzemedaille und einen vierten Platz zuzüglich des Doppelsiegs bei den Online-Corona-Titelkämpfen im Jahre 2020, als sie am Vormittag das U20w-Schnellturnier mit unserer Mannschaft und am Nachmittag das U20-Turnier mit der nahezu identischen Mädchenmannschaft verstärkt durch Alexander Krastev am Spitzenbrett gewann.
Obwohl Melanie im vergangenen Jahr nahezu vollständig durch ihre duale Ausbildung und das ergänzend von ihr am Wochenende absolvierte Studium im Handwerksmanagement ausgelastet und die Zeit für Schach sehr limitiert war, verwaltete sie auch diesmal traditionell das Spitzenbrett, blieb dabei ungeschlagen und holte mit 4½/7 ein gutes Ergebnis, das ohne einige mannschaftstaktische Entscheidungen sogar noch besser hätte ausfallen können. Trotz dieser starken Leistung klappte es mit dem Titel zum Abschied knapp nicht, aber mit etwas Abstand wird sie sich auch über Silber und die Vervollständigung ihres DVM-Medaillensatzes freuen.
Nach dem Turnier erhielt sie als Erinnerung ein T-Shirt, auf dem sich sehr viele ihrer langjährigen Freunde und Weggefährten von diversen Jugendturnieren verewigt haben. Wir bedanken uns ebenfalls bei Melanie für acht Jahre tollen Einsatz für unsere Jugendteams auf sehr hohem Niveau!