Alle Beiträge von Olli Kniest

Ragger schafft Ausgleich, Smeets ausgeschieden

In der zweiten Partie der 1. Runde des FIDE-Weltcups in Tromsö gelang Markus Ragger nach seiner gestrigen sehr unglücklichen Niederlage, als er im 40. Zug bei einem vermeintlichen taktischen Trick die simple Widerlegung übersehen hatte, heute der Ausgleich gegen den Russen Ivan Popov (2623). Mit den weißen Steinen bekämpfte Ragger dessen Grünfeld-Indische Verteidigung mit der 5. Ld2-Variante und erhielt schnell eine leicht bessere Stellung. Mittels eines temporären Figurenopfers stellte er weitere Probleme und erreichte schließlich ein Damenendspiel mit Mehrbauern, das er mit Geduld, guter Technik und Nervenstärke nach 74 Zügen zum Gewinn führte.

Damit steht Ragger ebenso im Tiebreak der ersten Runde wie Gawain Jones. Dieser spielte gegen den russischen Aleksandr Shimanov (2664) eine sehr ausgeglichene Partie. Mit den weißen Steinen erreichte Jones gegen die Französische Verteidigung mit seiner Tarrasch-Variante nur mikroskopische Vorteile, der er jedoch im Mittelspiel nicht verdichten konnte, so dass hier nach 52 Zügen bei erneut leer geräumtem Brett die zweite Punkteteilung perfekt war.

Ausgeschieden ist dagegen bereits in der ersten Runde Jan Smeets, der mit den schwarzen Steinen gegen Maxim Matlakov (2665) unterlag. In der argentinischen Variante der slawischen Verteidigung mit 3…dc4: agierte Smeets mit Schwarz sehr ambitioniert und nahm mit seiner Dame bei noch nicht abgeschlossener Entwicklung einen Bauern auf b2. Dies nutzte der Russe zu weiterem Zeitgewinn, der wenig später mittels eines taktischen Tricks zu Damengewinn gegen Turm und Leichtfigur führte. Viel gravierender als das materielle Defizit war allerdings der weiterhin in der Mitte feststeckende schwarze König, der sich bald gegen die unter Figurenopfer eindringende weiße Dame nicht mehr zu verteidigen wusste.

Am Dienstag finden ab 15:00 Uhr die Tie Break-Partien statt, die selbstverständlich wieder live übertragen werden.

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Ragger verliert zum Weltcup-Auftakt

Zu Beginn dieses Jahrtausends experimentierte die FIDE mit der Austragung der Weltmeisterschaft in einem KO-Turnier, was unter anderem zu den Überraschungs-Weltmeistern Alexander Khalifman und Rustam Kasimdzhanov führte. In der Folgezeit kehrte man zum klassischen System der WM-Zweikämpfe zurück, doch die Idee des großen Turniers mit 128 Spielern im Stile eines Tennis-Grand-Prix-Turniers wurde in Form des Weltcups konserviert, der alle zwei Jahre ausgetragen wird und heute den Auftakt zu seiner vierten Auflage feierte.

Austragungsort ist erstmalig nicht Khanty Mansisk, sondern die norwegische Stadt Tromsö nördlich des Polarkreises, in der im kommenden August auch die nächste Schach-Olympiade ausgetragen werden wird. Neben einem Gesamtpreisfonds von 1,6 Millionen US-Dollar geht es vor allem um zwei Qualifikationsplätze für das nächste WM-Kandidatenturnier im März 2014. Da die FIDE beschlossen hat, dass auch die beiden Spieler, die sich für dieses Kandidaten-Turnier durch Elo qualifizieren, entweder im FIDE-Grand Prix oder im Weltcup teilgenommen haben müssen, sind auch Levon Aronian und Vladimir Kramnik am Start. Der Weltcup dürfte damit unzweifelhaft das stärkste KO-Turnier aller Zeiten sein – von der absoluten Weltspitze fehlen lediglich die beiden WM-Finalisten Vishy Anand und Magnus Carlsen sowie der bereits für das Kandidatenturnier qualifizierte Veselin Topalov. Ragger verliert zum Weltcup-Auftakt weiterlesen

Kompromißloser Helmut Meckel in Godesberg

Vom 03.-11.08.2013 richtete der Godesberger SK bereits zum 17.Mal sein traditionelles Sommer-Open aus. 82 Spieler, darunter immerhin 2 IM und 2 FM, hatten den Weg an den Mittelrhein gefunden, darunter auch unser sehr aktiver Routinier Helmut Meckel, der an Position 40 gesetzt war.

Helmut ist bekannt für sein kompromißloses Schach und zeigte dies auch in der vergangenen Woche, da nicht eine seiner Partien mit Remis endete!  Dennoch war er sicherlich nicht völlig zufrieden, da er diesmal ein Opfer des berüchtigten Open-Ping-Pong wurde. Weiß-Partien gegen (zum Teil deutlich) schwächere Gegner wechselten sich mit Schwarz-Partien gegen die besseren Kontrahenten ab, so dass er nach einem Turnierverlauf völlig ohne Überraschungen mit 4/9 im Mittelfeld einlief und durch diese suboptimale Auslosung definitiv etwas unter Wert geschlagen wurde.

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Top-Resultat mit Nebenwirkungen für Erwin L’Ami

Auf der dritten Station seiner Holland-Tournee konnte Erwin L’Ami beim sehr beliebten Urlaubs-Open in Vlissingen, das vom 03.-10.08.2013 bereits zum 18. Mal ausgetragen wurde, an seinen Erfolg aus Dieren anknüpfen. Die Veranstalter vermeldeten mit 250 Spielern, darunter 11 GM und 18 IM, wieder einmal ein »ausverkauftes« Haus und Erwin war im sehr starken Spitzenfeld an Position 4 gesetzt. Dabei hatte er offenbar seine gute Form aus Dieren mit nach Zeeland gebracht, denn er spielte ein ganz abgeklärtes Turnier, indem er nach 2 Auftaktsiegen ein Remis folgen ließ, um diesen Rhythmus in den folgenden 3 Runden zu wiederholen.

Als er dann in den Runden 7 und 8 die beiden stets gefährlichen IM Thomas Henrichs und Manuel Bosboom bezwingen konnte, ging er mit 7/8 und einem halben Zähler Vorsprung auf die Verfolger in die Schlussrunde. Dort traf er auf den frisch gebackenen Sieger des Biel-Open und topgesetzten Pentala Harikrishna (2696) und konnte er nach einer spannenden Partie ein Unentschieden erzielen, so dass die Symmetrie seiner Ergebnisfolge gewahrt blieb. Dadurch konnten mit dem polnischen GM Michal Krasenkov (2635) , dem Inder Babu Lalith (2576) und dem holländischen Überraschungsmann Quinten Decarmon (2438) noch drei Spieler zu ihm aufschließen. Nach Buchholz belegte Erwin diesmal hinter Krasenkov den zweiten Rang und feierte so seinen zweiten geteilten Turniersieg binnen 10 Tagen.

Dennoch gab es für ihn auch ein paar unschöne Nebenwirkungen zu beklagen:  in der 5. Runde wurde er gegen seine Ehefrau, die bekannte Schach-Journalistin Alina L’Ami (2358), gelost. Unser Bundesligaspieler gewann die Partie und entschied sich in diesem Gewissenskonflikt für die sportliche Perspektive und gegen den Hausfrieden:  die Frauen-Großmeisterin hatte bereits zuvor angekündigt, dass er im Falle eines Sieges im Familienduell auf dem Balkon nächtigen dürfe …

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Gawain Jones britischer Vize-Meister

In Großbritannien werden die Landesmeisterschaften traditionell in einem großen Schachfestival mit unzähligen Turnieren über einen Zeitraum von 2 Wochen ausgetragen. Vom 29.07.-10.08.2013 fand in diesem Jahr in Torquay an der englischen Südküste die 100. Jubiläums-Auflage statt. Da Michael Adams parallel beim Dortmunder GM-Turnier brillierte und auch Nigel Short und Luke McShane nicht am Start waren, ging Gawain Jones als Erster der Setzliste des 106 Spieler (12 GM, 13 IM) umfassenden Meister-Turniers mit der klaren Zielsetzung an den Start, seinen Vorjahres-Titel zu verteidigen.

Doch es zeigte sich frühzeitig, dass er außer Form nach Torquay gekommen war:  bereits in den ersten sechs Runden gab er vier Remisen gegen Spieler mit einem Elo-Schnitt von 2300 ab. Zwar kam er in den Folgerunden mit 3½/4 besser in Schwung, doch als er dann mit 7½ Zählern in der letzten Runde auf GM David Howell (2639) traf, hatte dieser sich bereits mit herausragenden 9/10 und 1½ Zählern Vorsprung auf die Verfolger den Turniersieg gesichert. Ihre Schlussrundenbegegnung endete Remis, so dass Gawain mit 8/11 immerhin noch den zweiten Rang erreichte.

Es bleibt Gawain zu wünschen, dass diese nicht völlig gelungene Generalprobe ein gutes Abschneiden beim nun folgenden Weltcup erwarten lässt, bei dem er zusammen mit Markus Ragger und Jan Smeets am Start sein wird.

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Bericht Chessbase

Ganz starkes SG-Quartett bei den Dortmunder Open

Die 41. Dortmunder Schachtage fanden vom 26.07.–04.08.2013 statt und bestanden neben dem traditionellen Spitzen-GM-Turnier des Sparkassen Chess Meetings wie üblich aus dem Helmut Kohls-IM-Turnier und den beiden Open-Turnieren. Hier waren insgesamt 5 SG-Akteure dabei:

Michael Hoffmann startete im sehr ausgeglichen besetzten IM-Turnier, bei dem viele Routiniers aus NRW u.a. auf die beiden Prinzen Dennis Wagner und Matthias Blübaum trafen. Wie nach den Elo-Zahlen zu vermuten, verlief das Turnier sehr ausgeglichen, was sich auch an der Remis-Quote von fast 70 % ablesen lässt. Hoffmann spielte ein solides Turnier, musste jedoch eine Schwarz-Niederlage gegen den Wiesbadener IM Hagen Poetsch quittieren, so dass er nach 8 weiteren Punkteteilungen mit 4/9 leicht unter Elo-Erwartung auf Rang 6 im Endklassement einkam.

Deutlich besser lief es für unsere SG-Akteure im 86 Teilnehmer umfassenden A-Open, das vom Turnier-Ausschluß des mit 7½/8 führenden IM Jens Kotainy wegen Betrugsverdacht überschattet wurde. Thomas Michalczak startete nach einer zurückliegenden »Seuchen-Saison« mit 2 Remisen langsam ins Turnier, spielte sich dann aber frei und erreichte schließlich mit 7/9 ohne Niederlage auf dem geteilten 2.–5. Platz die Hauptpreisränge, was ihm zudem noch einen kleinen Elo- und DWZ-Gewinn einbrachte.

Kevin Zolfagharian startete furios mit einem Schwarz-Erfolg gegen FM Norbert Heck (2280) und absolvierte danach das gesamte Turnier immer im oberen Mittelfeld. Durch einen Schlussrundensieg erreichte er mit 5/9 den 23. Platz, gewann 33 Elo-Punkte und überschritt erstmals die DWZ 2000-Marke.

Amina Sherif wagte sich erstmals ins A-Open, wo sie im starken Feld nur an Position 80 gesetzt war.  Nach einem schwächeren Start mit ½/4 spielte sie danach groß auf und kämpfte sich noch auf die 50-%-Marke. Damit erreichte sie nicht nur einen hervorragenden 44. Platz, sondern gewann damit auch noch 43 Elo- und 77 DWZ-Punkte dazu.

Ähnlich erfolgreich war ihr 12-jähriger Bruder Malik Sherif, der im B-Open für Spieler mit DWZ unter 1900 im 124 Spieler umfassenden Teilnehmerfeld an Position 104 gesetzt war.  Malik startete exzellent mit 2/3 und zeigte auch im nachfolgenden Turnierverlauf gegen ausnahmslos stärkere Gegner konstante Leistungen, wofür er mit 4/9 und einem DWZ-Gewinn von 134 Punkten belohnt wurde.

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Mads Andersen verpasst Top Ten in der Heimat

Der vom 27.07.–04.08.2013  im dänischen  Helsingör ausgetragene Politiken Cup gehört seit vielen Jahren zu den stärksten Sommer-Open der Welt. Auch in diesem Jahr waren 310 Spieler, darunter 20 GM und 11 IM an den Ort der Geschehnisse um  Hamlet gekommen, darunter auch unser dänisches Talent Mads Andersen.

Der 17-Jährige startete mit 4/5 ordentlich und lag trotz zwei Remisen gegen schwächere Spieler nach einem Sieg über den starken Schweden Nils Grandelius (2578) mit 7/9 vor der Schlussrunde in Reichweite der Top-Plätze. Doch in der Schlussrunde unterlag er seinem für den Hamburger SK spielenden Landsmann Sune Berg Hansen (2557) und musste diesmal noch mit 7/10 und dem geteilten 14. Platz zufrieden sein, wobei er aber seine Elo-Zahl bestätigte.

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Smeets und Sandipan verpassen Spitzenränge in Biel

Das Schachfestival in Biel gehört zu den traditionellsten Veranstaltungen der Schachwelt überhaupt. Nach dem schrecklichen Unfall-Tod von Chef-Organisator Olivier Breisacher übernahm in diesem Jahr erstmals der bekannte Schweizer Großmeister Yannick Pelletier die Leitung der Organisation und stellte eine exzellente 46. Auflage vom 20.07.-02.08.2013 auf die Beine.

Neben dem Großmeister-Turnier fand auch ein wie immer sehr stark besetztes Meister-Open statt, bei dem sich unter den 85 Teilnehmern 23 GM und 14 IM befanden. Hier hofften auch unsere Bundesliga-Spieler Jan Smeets und Sandipan Chanda als Sechster und Neunter der Setzliste auf eine gute Platzierung.

Smeets spielte als letztes Vorbereitungsturnier für den Weltcup in Tromsö ein sehr wechselhaftes Turnier. Er startete gut mit 3/3, musste in den nächsten drei Runden jedoch zwei Niederlagen (u.a. gegen den Wattenscheider Mateusz Bartel) einstecken, kämpfe sich durch zwei Siege mit 5½/8 wieder nach vorne, bevor er vom Mülheimer  Daniel Hausrath (der in Biel seine letzte GM-Norm erfüllte) ausgekontert wurde. Nach einem Sieg und einer seiner insgesamt  nur zwei Punkteteilungen zum Abschluss landete Smeets schließlich mit 7/11 auf dem 10. Platz und verpasste so eines der ganz großen Stücke vom üppigen Preisgeld-Kuchen.

Genau gegensätzlich verlief das Turnier von Sandipan: nach einem Start mit 2/2 verfiel er plötzlich in einen Remis-Rhythmus, so dass ihm nur noch ein weiterer Sieg bei einer Niederlage gelangen und er mit 6½/11 auf Rang 19 unter seinen Möglichkeiten blieb.  Etwas Trost dürfte er daraus abgeleitet haben, dass er beim zweitätigen Schnellschach-Turnier zum Auftakt mit 7/11 den dritten Platz erreiche, während Smeets hier mit einem halben Zähler Rückstand auf Rang 9 einkam.

Ergebnisse Meisterturnier
Ergebnisse Schnellturnier

Erwin L’Ami gewinnt offene holländische Meisterschaft

Der beste Weg, ein enttäuschendes Turnier zu vergessen, besteht zweifellos darin, dass folgende Turnier zu gewinnen. Genau diesem Weg folgte Erwin L’Ami, der nur eine Woche nach dem ganz schwachen Abschneiden bei der niederländischen Einzelmeisterschaft vom 23.07.–01.08.2013 bei den »Dutch Open« startete, die traditionell Ende Juli in einem großen Festival in Dieren mit vielen Turnieren ausgetragen werden.

In der Meistergruppe mit 55 Spielern war L’Ami unter 7 GM und 3 IM der Topgesetzte und wurde seiner Favoritenstellung souverän gerecht. Mit 6 Siegen und 3 Remisen holte er sich den geteilten Turniersieg, wobei ihm die bessere Buchholz-Wertung sogar den ersten Rang bescherte. Angenehme Nebeneffekte waren zunächst einmal der stattliche erste Preis von 2.500 €, der Rückgewinn von 8 Elopunkten und die direkte Qualifikation für die niederländische Einzel-Meisterschaft 2014, bei der Erwin dann die Scharte von diesem Jahr ausmerzen können wird.

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Jörg Wegerle bester Deutscher in Andorra

Bereits zum dritten Mal war Jörg Wegerle beim traditionellen Sommer-Open in Andorra am Start, das vom 20.–28.07.2013 bereits seine 31. Auflage erlebte. Jörg war im starken 175 Spieler fassenden Teilnehmerfeld  (16 GM, 16 IM) an Position 21 gesetzt, hatte aber leider nicht seine beste Form in die Pyrenäen mitgebracht.

Nach zwei Auftaktsiegen durchlebte er eine leichte Durststrecke mit zwei Remisen und einer seiner seltenen Niederlage gegen einen Elo-Schnitt von 2250. Doch danach folgte ein guter Endspurt mit 3½/4, so dass er mit 6½ Zählern schließlich auf dem 16. Platz landete und damit bester Deutscher wurde, was ihn zumindest ein wenig über den leichten Elo-Verlust hinweggetröstet haben dürfte.

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